Ein Hoch auf das Wanderbeizli
Diese und viele weitere Antworten zu kulinarischen Wanderstopps liefert auf Knopfdruck die ausgewählte Sammlung von Wanderbeizli, die auf der Webseite der Schweizer Wanderwege abrufbar ist. Völlig neu ist der Service nicht, er wurde aber im vergangenen Jahr auf über 2500 Adressen erweitert und deckt nun fast alle Wanderrouten unseres Landes ab, auch in den hintersten Ecken. Zu finden ist auch der Wanderabschnitt, der im Wallis auf der Via Stockalper von Gondo auf die Alp Waira führt. Und natürlich der Berggasthof Bord. Er wird von Wandernden auf der Grande Traversata delle Alpi gerne genutzt. Fast immer sogar, denn es ist noch ein Stück, bis man schliesslich in Domodossola landet oder sogar in Ventimiglia am Mittelmeer.
Von Cholera bis Schweinsschulter
Der Berggasthof ist sozusagen die letzte kulinarische Anlaufstelle, bevor man nach Italien kommt. Ein guter Tipp. Tagsüber gibt es nebst dem obligaten Walliser Teller auch Cholera, Poulet im Chörbli oder Roastbeef. Abends kocht Chregu Werder ein Dreigangmenü, zum Beispiel mit Lauch-Gerstensuppe, Salat und einer am Stück gebratenen Schweinsschulter mit Ofenkartoffeln und Karotten. Auch die Vacherintorte ist hausgemacht – das Rezept stammt von seiner Frau Gianna –, desgleichen alle anderen Desserts.
Wer lieber etwas Käsiges möchte, hat die Wahl zwischen Käseschnitte, Fondue oder Raclette. Letzteres kann man sich auf einem Tischherd auch selbst zubereiten und auf der Terrasse geniessen. Im Spätsommer stammt der Käse aus eigener Produktion von der Alp Waira, die ebenfalls vom Bord-Team bewirtschaftet wird. Esthi, die Frau des Pächters Oli Hess, käst hier noch wie in alten Zeiten am offenen Feuer.
Frauenpower
Auch sonst ist im Team viel Frauenpower angesagt. Vier Frauen besorgen den Service und die Arbeiten hinter den Kulissen. Allen voran Doris Jordan-Squaratti, die Tochter der einstigen, jetzt pensionierten Besitzerfamilie. Sie ist hier aufgewachsen und kennt praktisch jeden Schmetterling, der herumflattert. Die Gegend ist berühmt für ihre bunten Sommervögel, von denen einige überraschend zutraulich sind.
Im Bord kann man auch übernachten, entweder im Massenlager, in Doppelzimmern oder in einem Zelt neben dem Gasthaus. Am Samstagabend ist Gottesdienst in der kleinen Kapelle unten an der Strasse. Da reisen jeweils auch etliche mit dem Bus von Gondo an und bekommen danach ein Abendessen kredenzt. Wann immer man hier zu Gast ist, kommt meistens ein ehemaliger Schafhirte oder ein Bergbauer vorbei. Es ist stets etwas los hier.
Apropos gebratene Schweinsschulter: Die Säuli, die hier bisweilen auf dem Teller landen, hatten es gut im Leben. Sie stammen aus der Aufzucht, die sich Wiesenschwein nennt, entwickelt von Oli Hess, dem Pächter des Bords und der Alp. Der gebürtige Luzerner war früher Schafhirte im Zwischbergental, hat sich danach dem Gasthof und der Alp angenommen und vor einigen Jahren für Bauern ein Aufzuchtmodell für Schweine kreiert, das sich durch eine besonders tierfreundliche Art auszeichnet. Sogar Musik dürfen sich die glücklichen Schweine anhören.
Ein Beispiel von 2500
Das Bord ist ein Beispiel von Hunderten im digitalen Beizliführer, der von einem Team des Verbands Schweizer Wanderwege zusammen mit den kantonalen Wanderweg-Fachorganisationen und Tourismusvereinen betreut wird. Aktuell umfasst er über 2500 Restaurants entlang der Wanderrouten in der Schweiz. «Das Angebot wird laufend erweitert», sagt Michael Dubach, der das Projekt betreut. Aufgenommen werden nur Beizli, die maximal zehn Minuten von einem Wanderweg entfernt sind, während der Wandersaison geöffnet und Sitzgelegenheiten haben sowie eine für Wandernde angepasste Menükarte anbieten. Bedingung ist auch, dass die Verantwortlichen Auskunft zu Wanderthemen geben können.
Am besten findet man ein passendes Beizli über die Startseite www.schweizer-wanderwege.ch. Dort auf das Kartensymbol klicken und in die Karte zoomen, bis die Symbole mit Messer und Gabel erscheinen. Jeder Standort ist dann mit der Website der Beiz verknüpft.
Von Gondo nach Zwischbergen
Doch zurück ins Wallis. Für Genusswandernde ist die zweistündige Wanderung von Gondo nach Zwischbergen genau richtig. Zunächst geht es durch die wildromantische Schlucht hinauf ins Zwischbergental, wo noch bis Ende des 19. Jahrhunderts Gold abgebaut wurde. Vom Stausee aus sind es nur noch wenige Minuten bis zum Restaurant. Nach dem kulinarischen Genuss bietet sich die dreistündige Rundwanderung auf die Alp Weira mit einem Besuch der Käserei an, danach gehts am Irgilihorn vorbei wieder nach Zwischbergen.
Wen es weiter nach Süden zieht, folgt der Grande Traversale delle Alpi (GTA): Sie führt über den Passo di Monscera ins Val Bognanco bis nach Domodossola und ist ein Leckerbissen für Weitwandernde. Es geht durch alpines Hochland, das noch wild und unberührt ist. Die Route ist anspruchsvoll und nur von Juni bis September geöffnet.
Der passende Wandervorschlag dazu
Vom Grenzdorf am Simplon in die wilde Natur
Schmuggler, Goldrausch und ein tragischer Bergsturz: Damit wird Gondo oft in Verbindung gebracht. Themen, die auch beim Startpunkt der Wanderung, gleich vor dem Zollposten, sichtbar sind: Der Schmugglerbrunnen erinnert an den heimlichen Warentransport über die Grenze; neben dem heutigen Stockalperturm steht auf einem Schild die Uhrzeit für den nächsten Ausflug zum Goldwaschen; und am historischen Stockalperturm, heute ein Hotel mit Restaurant, zeugt der neue Gebäudeteil aus Beton vom Bergsturz, der im Herbst 2000 das alte Gemäuer zerstört hat. Gleich gegenüber beginnt die Wanderung hinauf ins stille Zwischbergental entlang des Stockalperwegs. Am Ziel lockt der Berggasthof Bord mit einer kleinen, aber feinen Speisekarte. Rechts neben dem Wasserfall, wo der Fluss Grossus Wasser zu Tal rauscht, schlängelt sich parallel zur kurvigen Strasse ein Pfad in die Höhe. Er ist abgeschirmt vom Dach der Bäume, sodass Ruhe einkehrt. Die frische Morgenluft wirkt wie ein zweiter Espresso. Und plötzlich steht es da: ein Grüppchen Rehe, das auf der saftigen Wiese frühstückt. Auf leisen Sohlen geht es weiter in die Schlucht hinauf, über Treppen und vorbei an abenteuerlustigen Canyoning-Gruppen. Sind die ersten paar Hundert Höhenmeter überwunden, führt der Weg bei der Postautohaltestelle Hof links hinunter zur Brücke, um auf der anderen Seite in den Wald einzutauchen. Die Buchenwälder des Zwischbergentals seien die einzigen ihrer Art im Oberwallis, informiert eine Tafel. Zuerst eng und bewaldet, bietet das Tal später, wenn sich die Bäume lichten, schöne Ein- und Ausblicke. Weiter wandert man stetig dem Fluss folgend bis zum Stausee Sera. Von dort dauert es schliesslich nur noch eine halbe Stunde zur gemütlichen Sonnenterrasse des Wanderbeizli.
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