Warum auf den Gipfel des Monte Generoso stürmen, wenn an der Mittelstation eine wilde, ästhetische und im Frühling einsame Landschaft wartet? Also raus aus der Zahnradbahn in Bellavista, rein in den Wald mit seinen noch kahlen Bäumen. Stamm reiht sich an Stamm, Äste recken sich wie Flammen in den Himmel, die Verästelungen sind je höher, desto filigraner. Die gräulich-braunen Baumstämme bilden einen Kontrast zum goldbraunen, von der Sonne erhellten Laub am Boden. Ein fröhliches Mosaik in warmen Farbtönen.
In einer solchen Waldpartie steht kurz nach dem Weiler Dosso Piatto ein «Nevère» – eine Schneegrotte. Der Zahn der Zeit hat schon ziemlich an dem runden Steinhaus mit schrägem Dach genagt. Hier kühlten die Bauern einst Milch, Butter und Käse. Denn die Hänge am Monte Generoso sind steil, die Sonne brennt im Sommer heiss, ein Transport von Waren ins Tal ist aufwendig. Und das Regenwasser versickert sofort im kalkhaltigen Gestein, weshalb eine Kühlung mit Wasser auch schwierig war.
So füllten die Bauern im Februar und März die zu zwei Dritteln im Boden liegenden Kühlkammern mit möglichst viel Schnee. Dieser schmolz im Alpsommer langsam dahin und sorgte für eine konstante Temperatur von sechs bis acht Grad in den Steinhäusern. Um die Nevère von der Sonne zu schützen, pflanzten die Familien Bäume rund herum, wie auch beim Kühlhaus auf dieser Wanderung. In seinem Innern führen einzelne Steintreppenstufen der Wand entlang in die Tiefe. Die Treppe verläuft im Uhrzeigersinn, damit die Älpler im Finsteren der Wand entlang hinuntersteigen und dabei die schweren Milchkannen in der rechten Hand in die Kühle tragen konnten.