Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt kein Allheilmittel, das vorbeugend gegen Blasen hilft. Die gute Nachricht aber: Der Schwede Lars Backsell hat vor rund 40 Jahren das Blasenpflaster erfunden. Ein Compeed, hierzulande dank hohem Marktanteil ein stehender Begriff für Blasenpflaster, hat seither schon manche Tour oder gar Wanderferienwoche gerettet.
Per Zufall erfunden
Lars Backsell, damals General Manager einer Medizinalfirma, war selbst Läufer und von Blasen geplagt. Als es wieder einmal so weit war, legte er versuchshalber eine Schutzfolie seines Arbeitgebers unter sein Pflaster. Diese war für Betroffene mit künstlichem Darmausgang entwickelt worden. Der Versuch linderte seine Schmerzen markant, und so erzählte er einer Pflegefachfrau der schwedischen Armee davon, die er zufällig im Zug angetroffen hatte.
Zusammen starteten sie einen Test mit einer Gruppe von Rekruten. Das Ergebnis war eindeutig: Die Rekruten mit der Schutzfolie unter dem Pflaster hatten weniger Probleme mit Blasen als jene ohne Schutzfolie oder gar ohne Pflaster. Lars Backsell präsentierte die Resultate des Testlaufs seinem Chef, und dieser beauftragt ihn, ein Blasenpflaster bis zur Marktreife zu entwickeln. Gesagt, getan, Compeed.
Das Prinzip der Blasenpflaster ist Folgendes: Hydrokolloiden-Substanzen nehmen die Wundflüssigkeit auf und machen sie zu Gel, ohne dabei an Haftung oder Flexibilität zu verlieren. Compeed sind also für bereits offene Blasen konzipiert. Sie verringern einerseits den Schmerz, andererseits bleibt die Blase dank der Hydrokolloid-Technik feucht und kann schneller heilen. Weshalb aber bilden sich überhaupt Blasen?
Unerforschte Plagegeister
Vermutlich weiss die Menschheit mehr über die Zusammensetzung der Mondoberfläche als über die Gründe der Blasenbildung. Bekannt ist, dass Blasen nicht von aussen, sondern von innen entstehen. Das Fussskelett bewegt sich bei jedem Schritt, während die weiche und flexible Haut an der Sohle kleben bleibt. Zwischen den Hautschichten wirken nun sogenannte Scherkräfte.
Durch die stete Wiederholung der Bewegung bilden sich an besonders beanspruchten Stellen in einer ersten Phase wunde Stellen. Die Haut rötet sich und beginnt zu brennen. Folgt jetzt keine Entlastung, löst sich die obere von der unteren Hautschicht. Der entstandene Hohlraum füllt sich zum Schutz der darunterliegenden Haut mit Flüssigkeit. Bleibt diese Blase weiterhin Reibung und Druck ausgesetzt, platzt sie und eine offene Wunde entsteht.
Vorbeugen ist besser als heilen
Druck, Reibung, Wärme und Feuchtigkeit sind somit nicht wie gängig angenommen die Ursachen von Blasen, begünstigen aber deren Bildung. Gegen diese Faktoren können wir vorgehen – im Gegensatz zu den Scherkräften, die zwischen den Hautschichten wirken.
Am Anfang steht ein gutsitzender Schuh. Es lohnt sich, den neuen Wanderschuh mit Bedacht auszuwählen. Die Hersteller arbeiten mit unterschiedlichen Passformen, daher sollte man unbedingt eine breite Auswahl testen. Spürt man Druckstellen an den Zehen oder rutscht die Ferse, nützt in der Regel auch eine andere Grösse nichts. Mit der Zeit kennt man «seine» Marke. Eine angepasste Schnürung hilft zudem, Reibungen zu vermindern.
Jeder Fuss wird nach einer gewissen Zeit im engen Wanderschuh vom Schweiss feucht, denn weder Luft noch Feuchtigkeit können entweichen. Das Zauberwort für Schuh und Socke lautet hier «atmungsaktiv». Das Material muss die Nässe rasch aufnehmen und zwischenspeichern können, sodass die Haut trocken bleibt. Ob Leder oder Goretex, Wolle oder Synthetik, bleibt den eigenen Vorlieben überlassen.
Obwohl viele Menschen auf die Merinosocke setzen und dank der kühlenden Wirkung der Wolle subjektiv weniger Nässe spüren, schneidet die Acrylsocke in Studien deutlich besser ab. Hilfreich sind Polsterungen an den empfindlichsten Stellen wie Ferse und Zehen. Wichtig ist auch, dass die Socke satt sitzt. Bilden sich erstmal Falten, sind Blasen vorprogrammiert. Wer die Feuchtigkeit vertreiben will, zieht Schuhe und Socken bei jeder Rast aus und trocknet sie. Wem das zu lange dauert, packt ein bis zwei Paar Ersatzsocken ein.
Dos and Dont's
Doch was, wenn Schuh und Socke passen, und sich trotzdem Blasen bilden? Das ist leider für viele Realität. Dem Einfallsreichtum im Kampf gegen Blasen sind keine Grenzen gesetzt. Wir präsentieren eine Auswahl an gängigen Methoden – einige sind zu empfehlen, von anderen ist dringend abzuraten. Es gilt, aus der Fülle von schmerzhaften Erfahrungen die persönlich wirkungsvollste Verhinderungsstrategie zu destillieren.
- Neopren-Ferslinge oder -Einlagen: Neopren hat sich in einer Studie als einzig wirksame Massnahme gegen Blasen erwiesen. Leider ist das Material sehr warm und riecht schnell unangenehm.
- Tape: Gefährdete Stellen mit klebestarkem und stabilem Textil-Tape abkleben. Die Haut muss dafür sauber und trocken sein, es dürfen sich beim Abkleben keine Falten bilden, und die Ränder des Tapes sollten an wenig beanspruchten Stellen liegen.
- Blasenpflaster: Viele schwören auf Blasenpflaster vom ersten Schritt an. Das ist eigentlich sinnlos, wirkt doch das Hydrokolloid erst bei offener Blase. Wer diese Methode dennoch anwendet, sollte die Ränder mit Tape schützen, damit sich das Blasenpflaster nicht löst und die Socke verklebt. Vor normalen Pflastern, die früher häufig eingesetzt wurden, ist dringend abzuraten.
- Hornhaut ist ein Schutz und sollte daher nicht abgeraspelt werden.
- Zweisockenprinzip: Damit die Reibung nicht zwischen Haut und Socke stattfindet, schwören einige auf Nylonstrümpfe unter den Wandersocken. Der Nylonstrumpf muss satt anliegen, sodass die Reibung zwischen den Socken erfolgt. Was nicht zu empfehlen ist: Baumwollsocken, da diese sich mit Nässe vollsaugen.
- Vaseline, Hirschtalg und Co.: Salben und Öle sollen als Gleitmittel dienen und die Reibung verringern. Häufig weichen die Substanzen jedoch die Haut auf, was die Blasenproduktion eher begünstigt. Daher: Finger weg von Schmiermitteln.
- Fussbäder: Ob mit Spitzwegerich, Hamamelisextrakt oder Teebaumöl – ein Fussbad ist schön. Dass es aber gegen Blasen nützt, ist nicht erwiesen.
- Puder ist wirkungslos oder erhöht gar das Blasenrisiko.
Die Blase ist da, was nun?
Eine Blase sollte nur in Ausnahmefällen aufgestochen werden. Denn die dünne Hautschicht der Blase übernimmt die Funktion eines natürlichen Pflasters und schützt die darunterliegende Haut vor Schmutz und Keimen. Klingt logisch, doch der Druck auf Fussblasen in satt anliegenden Wanderschuhen ist äusserst schmerzhaft. Platzen wird sie beim Weitergehen früher oder später ohnehin, also – so die Erfahrung der Autorin – besser aufstechen, desinfizieren, trocknen lassen und dann ein Blasenpflaster draufkleben. Nach rund fünf Tagen hat sich die oberste Hautschicht neu gebildet.