Bourg-St-Pierre
— Orsières
• VS
Fällt der Begriff des Pilgerns, denken viele an den berühmten Jakobsweg. Gut 900 Jahre später als der heilige Jakobus legte der einstige Erzbischof von Canterbury - Sigerich der Ernste - die Spur für eine Pilgerroute, die heute als eine der bedeutendsten Europas gilt. Die Via Francigena verbindet England mit Frankreich, der Schweiz und Italien. Auf seiner Rückreise aus Rom hielt Sigerich in einem Reisetagebuch die Schweizer Etappenorte Yverdon-les-Bains, Orbe, Lausanne, Vevey, Aigle, St-Maurice, Orsières und Bourg-St-Pierre fest. Die beiden Letzteren sind Start und Ziel dieser Wanderung. Verlässt man den Kern von Bourg-St-Pierre, stellt sich alsbald das Pilgergefühl ein. In Richtung Lorette führt der Weg vorbei an der im 17. Jahrhundert erbauten Kapelle Notre-Dame. Vorbei an den Dörfern Lorette und Allèves führt ein historischer Wegabschnitt nach Palasuit. Alte Trockensteinmauern säumen den gewundenen Weg, der bereits zu römischen Zeiten angelegt und bis ins 19. Jahrhundert als Saumpfad genutzt wurde. Der Name Palasuit leitet sich vom latainischen Palatiolum ab, was eine Herberge bezeichnet. In Liddes laden die Stufen der Kapelle Saint-Etienne aus dem frühen 15. Jahrhundert zu einer Rast ein. Nach einem scharfen Richtungswechsel führt der Weg gemächlich an Les Moulins, Forney und Montatuay vorüber. Das Rauschen der Dranse d’Entremont und die Ruhe des Waldes harmonieren mit den gleichmässigen Schritten auf dem weiteren Weg, der sich nun abwärts nach Orsières schlängelt. 1994 wurde die Via Francigena als eine der ersten zu einem Europäischen Kulturweg des Europarats ernannt. Heute zählen 31 internationale Routen zu diesen Verbindungen.