Wandervorschläge • Schweizer Wanderwege

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Viel Schwung im Puschlav 2 Nr. 1345
Fda Ospizio Bernina — Cadera • GR

Viel Schwung im Puschlav 2

In der letzten Eiszeit lag das Puschlav unter einem mächtigen Gletscher, dessen Schmelzwasser bei Cavaglia riesige Gletschermühlen ausgefeilt hat. Die Steine frassen sich mit einer gewaltigen Kraft in den Fels, sodass die tiefste Mühle über 14 Meter misst. Nach der Eiszeit füllten sich die Mühlen mit Erde und Steinen. Freiwillige haben die im Volksmund «Töpfe der Riesen» genannten Löcher wieder freigelegt - sie können nun kostenlos besichtigt werden. Vom Ospizio Bernina führt eine Kiesstrasse zur Staumauer und weiter bis nach Poz dal Dragu, von wo ein Pfad hinunter an den Lagh da l'Ombra eingeschlagen wird. Danach beginnt die einzige wirkliche Steigung dieser Wanderung. Später hält der Weg mehr oder weniger die Höhe und passiert Fichten, Felsblöcke und Alpenrosen sowie den einen oder anderen Abgrund. Auf der anderen Talseite schlängelt sich die Bahn quietschend die Serpentinen hoch. Bald beginnt der Abstieg nach Cavaglia mit seinen Gletschermühlen, die als Teil der Wanderung besucht werden können. Der Weg bis nach Cadera schliesslich ist ein ehemals gepflästerter, heute noch mit Trockenmauern gesäumter Handelsweg. Ob die Familie Fahrender aus einer lokalen Sage ebenfalls diesen Weg gewählt hatte, ist unklar. Jedenfalls passierte sie die Cavagliasco-Schlucht, wo die altersschwache Mutter einen Halt verlangte. Doch die hungrigen, ungeduldigen Söhne zeigten kein Verständnis und schleuderten die alte Frau in die Schlucht. Bevor sie aufprallte, verdammte sie ihre Familie, die Felsen öffneten sich und die Söhne stürzten mit ihr hinunter. Der Kopf der alten Frau ist heute noch in der Schlucht unten bei den Gletschermühlen zu sehen.
Im Wilden Westen von Luzern Nr. 1192
Gfellen — Flühli LU • LU

Im Wilden Westen von Luzern

Auf der Postautofahrt von Entlebuch nach Gfellen liegt Finsterwald am Weg. Hier wurde einst nach Öl gebohrt. Gefunden hat man Erdgas. Von 1985 bis 1994 wurden bescheidene Mengen gefördert. Heute liegt der Traum von einer Erdölnation in rund 5000 Meter Tiefe begraben und das Postauto fährt mitten durch die Unesco-Biosphäre und den Regionalen Naturpark Entlebuch. Der Anfang des Weges ab Gfellen führt gleich ein wenig in die Höhe nach Oberbrüedermättli und wieder wenig abwärts zur Hauptstrasse. Dies scheint ein Umweg zu sein, aber der Strasse zu folgen, ist keine gute Idee, denn an schönen Tagen sind hier viele Autos und Motorräder unterwegs über den Glaubenbergpass. Ein kurzes Stück Strasse folgt dann trotzdem, aber danach geht es definitiv raus in die Natur. Ob der weitläufigen Alp- und Moorlandschaften versteht man bald, dass sich der Naturpark den Kosenamen «Wilder Westen von Luzern» zugelegt hat. Gemächlich steigt der Wanderweg aufwärts durch das Tal der Grossen Entle, bis man irgendwann auf der Wasserfallenegg zwischen Schafmatt und Fürstein steht. Der Pass ist der höchste Punkt dieser Wanderung und markiert fast haargenau die Hälfte der Wanderstrecke. Wunderbar ist der Blick zurück, verlockend die Sicht nach vorne. Weiter wandert man, nun bergab durchs Tal des Grönbachs und mit Blick bis zu den Berner Alpen, von Alp zu Alp zu Alprestaurant bei Stäldeli. Wer noch mag, kann beim Seebenbach unten die Wasserfälle des Chessilochs bewundern. Das Schauspiel kostet zehn zusätzliche Wanderminuten. Es lohnt sich, bis ins Zentrum von Flühli weiterzuwandern. Umgeben von Restaurant, Bäckerei und Dorfladen hofft man fast, dass das nächste Postauto noch eine Weile auf sich warten lässt.
Badespass und Windenpass Nr. 1093
Unterwasser, Post — Ennetbühl, Bernhalde/Lutert. • SG

Badespass und Windenpass

Bitte die Badehose einpacken, denn diese Wanderung führt an den Gräppelensee. Die Route kann nach Belieben verlängert oder abgekürzt werden. Losgewandert wird in Unterwasser, von wo es zumeist über Wiesenwege gleich zu Beginn in die Höhe geht. An einem warmen Tag ist es empfohlen, frühzeitig anzufangen, denn in den ersten anderthalb Stunden hat man fast keinen Schatten. Bei Halden ist für Kinder der erste Halt auf dem Spielplatz angesagt. Beim nächsten Wegweiser zum Gräppelensee unbedingt den Weg via Ches wählen, ansonsten geht man auf der Strasse. Ist ein wenig Höhe gewonnen, hat man endlich eine tolle Aussicht auf die Churfirsten, den Säntis und den Wildhuser Schofberg, bevor man sich im kühlen Wald wiederfindet. Bald ist der See erreicht – was für ein friedliches Fleckchen! Ein Steg lädt zum Baden ein und rundherum finden sich eingezäunte Picknickplätze mit Feuerstellen. Wer Lust hat, bleibt länger und wandert via Risi nach Alt St.Johann oder Unterwasser hinunter. Die anderen überwandern den Windenpass. Der Weg ist nun ein Bergwanderweg, zunächst sanft, dann immer steiler. Bei Hinterwinden lockt eine letzte Erfrischung: auf der Alp befindet sich ein kleiner Selbstbedienungsladen. Jetzt werden die letzten 100 Höhenmeter überwunden. Auf dem Pass geht es dann ein paar Meter nach links, in Richtung Alpli, danach sehr schmal und steil wieder hinunter. Da sich der Weg auf der Schattenseite und im Wald befindet, ist er recht rutschig. Für Hunde und kleine Kinder ist dieses Teilstück nicht geeignet, da man zuweilen auch die Hände benutzen muss. Schnell sind so die Höhenmeter wieder verloren und man findet sich bei den Ställen wieder. Wer noch weiterwandern will, biegt beim ersten Stall rechts ab und geht zur Schwägalp. Die anderen passen bei Dreckloch auf: dort ist ein Stück Bergwanderweg über die Weide markiert, wo man abkürzen kann. Nun ist es noch eine gute halbe Stunde bis zur nächsten Bushaltestelle, wo man entweder in Richtung Schwägalp oder Nesslau fährt.
Die Anden hinter St. Moritz Nr. 1340
Spinas — Champfèr • GR

Die Anden hinter St. Moritz

Im Oktober sind die Gräser im Val Bever braun, das Geröll liegt grau und von grünen Flechten überzogen unter dem tief dunkelblauen Engadiner Himmel. Auch diese Farben erinnern den ehemaligen Bergführer Yussif Calderón, der heute als Arzt in der Schweiz lebt, an seine Heimat Bolivien. Das Val Bever bietet auch topografisch verblüffende Ähnlichkeiten mit dem bolivianischen Hochland. So erinnert der Piz Grisch etwa an den Illimani, Yussif Calderóns Hausberg, 6438 Meter hoch, den man von La Paz aus sieht. Während in den Sommermonaten von Spinas Station aus in der Regel Richtung Jenatschhütte aufgebrochen wird, bietet sich später im Jahr, wenn die Hütte geschlossen ist, der Weg über den Suvrettapass nach St. Moritz an. Es ist eine lohnende, lange Wanderung, die meist oberhalb der Baumgrenze durch karges, alpines Gebiet führt. Ein kaum merklicher Aufstieg führt von Spinas Station erst durch Lärchenwälder, dann dem Bach Beverin entlang nach Zembers da Suvretta, wo der Weg in südlicher Richtung abzweigt. Hier erfolgt nun ein Aufstieg ins Hochtal Suvretta da Samedan, das wild, abgeschieden und kaum bewachsen am meisten an die bolivianische Andenlandschaft gemahnt. Dort allerdings leben die Campesinos auf über 4000 Metern – und Yussif Calderón erzählt gern, wie die Hochlandbevölkerung Wege gefunden hat, auch ohne Gemüse zu Vitaminen zu kommen. Vom Pass Suvretta auf 2615 Metern direkt am Fuss des Juliers bietet sich ein grossartiger Blick ins Tal und auf die mächtigen Engadiner Gipfel auf der anderen Seite von St. Moritz. Sie spiegeln sich auch im Lej Suvretta, einem kleinen Bergsee, der unmittelbar nach der Passhöhe auftaucht. Der Abstieg ins Tal erfolgt nach Champfèr.
Rund um den Breccaschlund Nr. 1341
Riggisalp — Schwarzsee Bad • FR

Rund um den Breccaschlund

Der Breccaschlund in den Freiburger Voralpen liegt zwischen den beiden Pässen Euschels und Balisa. Er ist ein riesiger, von spitzen Bergen umgebener Geländekessel. Ein Schlund eben, der die Leute verschlingen will. Der Breccaschlund ist überaus spannend, eine vom Gletscher geformte Urlandschaft, die fesselt und von der man sich gerne begeistern lässt. Den Sommer über ist er mit Kuhherden bestossen, und in den Alphütten wird gerne eingekehrt. Leider wurde der Breccaschlund kürzlich mit steinigen Alpstrassen durchzogen, weshalb diese Wanderung den Rand und die Kreten des Schlunds wählt, was sogar wilder und vielfältiger ist. Diese Wanderung führt von der Bergstation des Sessellifts Riggisalp zur Alp Untere Euschels und von hier um die Spitzflue herum in den Brecca- schlund hinein. Der Gebirgsflanke folgend, knapp unter den Felsen von Spitz- und Fochsenflue, geht es bis zur Alp Combi. Hier beginnt der Aufstieg zum Schopfenspitz, einem ganz herrlichen Aussichtspunkt mit Blick über die Alpenkette. Anschliessend folgt eine eher leichte weiss-blau-weisse Passage bis zum Gipfel des Patraflon. Vom Col du Chamois aus steigt man über die Alpen Ober und Unter Recardets zum Schwarzsee ab, leider über eine mit Betonziegeln ausgelegte Strasse. Kurz vor Ende der Wanderung weist ein Schild auf einen namenlosen Wasserfall hin, den zu sehen sich durchaus lohnt, weil er in dieser von sanften Voralpenhügeln geprägten Landschaft überrascht.
Die Höhen über dem Entlebuch Nr. 1342
Marbachegg — Sörenberg, Hirsegg • LU

Die Höhen über dem Entlebuch

Wenn im Herbst die Sonne lange Schatten wirft und die Bauern mit Vieh und Käse zurück im Tal sind, dann wird es trotzdem nicht still in den Bergen. Dann nämlich fängt die Saison der Pilz- und Beerensammler an. Eines ihrer sehr beliebten Gebiete sind die Wälder unter der Marbachegg. Diese Wanderung jedoch löst sich von den Früchten des Herbsts. Sie führt zu den landschaftlichen Höhepunkten des Biosphärenreservates Entlebuch: der Karstlandschaft der Schratteflue mit dem unvergleichlich weiten Blick auf die Berge. Die Wanderung startet auf der Marbachegg und führt als Erstes Weiden und dem Weiler Kadhus entlang zur Alp Imbrig an den Fuss der Schratteflue. Den Sommer über betreibt diese Alp auch eine Alpwirtschaft und verkauft Käse. Hier geht der Weg in einen Bergpfad über. Er steigt steil über die Westseite der Schratteflue, die Schafflue, hinauf und wechselt dann unterhalb des Hängsts zur Ostflanke der Schratteflue. Das Gipfelglück darf nicht fehlen. Vom Hängst aus geht es hinunter Richtung Heideloch. Es folgt eine eindrückliche Karstlandschaft, die es im Abstieg zur Alp Silwängen zu überqueren gilt. Ausrutscher sind hier nicht zu empfehlen! Weiter zur Alp Schlund auf breiter Alpstrasse. Von hier aus führt ein weicher Pfad über Moore immer Richtung Nordwest durch Stächelegg. Weiter unten gehen die Moore in Alpweiden über, und nach einer knappen Stunde ist die Bushaltestation «Sörenberg, Hirsegg» erreicht.
In den Waadtländer Alpen Nr. 1339
Col de la Bretaye — Col de la Croix • VD

In den Waadtländer Alpen

In den Waadtländer Alpen verkehren insgesamt vier Schmalspurbahnen. Die bekannteste ist die Golden Pass-Line, die von Montreux nach Lenk fährt. Nicht weniger spektakulär sind die drei anderen Bahnen, die von Aigle oder Bex aus in die Berge führen. Jene ab Bex dient zur Anreise für diese Wanderung: Sie tuckert über Villars bis auf den Col de Bretaye und bedient sich dazu mehrmals des Zahnrades. Ab Villars führt die Bahn gar einen einfachen Cabriolet-Wagen. Auf dem Col de Bretaye empfiehlt sich als Erstes eine Pause oder ein Picknick am Lac de Bretaye und am Lac Noir, denn die hübsche Zahnradbahn zieht auch viele Ausflügler an, die - kaum angekommen - alle ins Restaurant am malerischen Lac des Chavonnes pilgern. Ist man aber an dem See vorbei, sind nur noch wenige von ihnen unterwegs. Der Bergwanderweg klettert nun hoch nach Vy Boveyre, Heidelbeeren versüssen im Sommer die rund hundert Höhenmeter. Es folgt eine weniger anstrengende Partie, leider auf Asphalt, bevor der Weg wieder ansteigt auf L’Encrène, wo man eine tolle Rundumsicht hat. Dann steht der Abstieg durch eine Flanke an, vorbei an den Gipspyramiden und auf den Col de la Croix. Hier bildete sich vor über 200 Millionen Jahren, in der Trias, Gips, später legten sich Schichten von Sandstein, Mergel und Kalk darüber. Während der Alpenbildung kam der Gips wieder zum Vorschein. Wasser und Wind formten schliesslich im Laufe der Zeit die spitz zulaufenden Gesteinsformationen. Ebenso Zeugen der eindrucksvollen Geologie sind die Dolinen, die es rund um den Pass zu entdecken gibt.
Vom Chlisterli in den Ranft Nr. 1194
Stöckalp — St. Niklausen OW, Alpenblick • OW

Vom Chlisterli in den Ranft

Bruder Klaus oder Niklaus von Flüe (1417-1487) war Schweizer Bergbauer, Soldat, Politiker, Einsiedler, Asket und Mystiker. Als das älteste seiner zehn Kinder 20 Jahre alt war und den Bauernbetrieb übernehmen konnte, verliess Niklaus von Flüe mit dem Einverständnis seiner Frau Dorothea die Familie und pilgerte in Richtung Hochrhein. Auf dem Weg dorthin hatte er eine Vision, worauf er umkehrte und sich in der Ranftschlucht niederliess, um als Einsiedler zu leben. Bis zu seinem Tod betete er dort intensiv und hatte weitere Visionen. Gleichzeitig blieb er in Kontakt mit Weltlichem und wurde auch in politischen Angelegenheiten um Rat gefragt. Die Wanderung auf den Spuren von Bruder Klaus beginnt bei der Talstation der Stöckalp-Bahn und führt in einem Schlenker zunächst ins Chlisterli, wo er lebte, bevor er sich in den Ranft begab. Die Aussicht auf die Obwaldner Bergwelt dort oben ist hinreissend, lange möchte man verweilen, aber es liegt noch eine ganze Strecke vor den Wandernden. Der nächste Abschnitt führt der Melchaa entlang bis Mur. Am Picknickplatz mit Feuerstelle hat man auch die Gelegenheit, ins Wasser zu gehen. Weiter geht es auf dem alten Melchtalerweg ins Flüeli, wo das Geburts- und Wohnhaus von Bruder Klaus stehen. Von dort steigen die Wandernden ab in den Ranft. Genug Zeit ist dort einzuplanen, da die Klause und die Kirche interessante Orte sind, aus denen jede Person etwas herausziehen kann, ob spirituell oder geschichtlich. Aus der Schlucht empor geht es über den 2016 überarbeiteten Wegabschnitt und die Brücke, die vom Hochwasser 2005 zerstört wurde. Das Projekt kam dank der breiten Abstützung durch die benachbarten Gemeinden Sachseln und Kerns, interessierten Organisationen sowie der zusätzlichen finanziellen Unterstützung aus dem Wanderweg-Fonds des Dachverbands Schweizer Wanderwege und des Vereins «Die Freunde des Jakobsweges» zustande.
Vom Jurasüdfuss ins Fricktal Nr. 1373
Salhöhe — Frick • SO

Vom Jurasüdfuss ins Fricktal

«Diese Menge Holz wächst im Aargauer Wald in nur 20 Sekunden nach», steht auf dem Schild. Es ist befestigt an einer Sitzbank aus Massivholz, rund 2,5 Meter lang und einen halben Meter hoch, mitten in Wittnau. «Da muss der Wald aber gross sein», sagt die Begleiterin erstaunt. Rund die Hälfte der heutigen Wanderung führt tatsächlich durch den Wald – und ist geprägt von einer grossen Artenvielfalt. Nach dem Start auf der Salhöhe mit Aussicht auf die Wasserflue, den Ketten- und den Tafeljura waten wir durch Bärlauch, der Waldmeister blüht, ein Vogel zwitschert. Schilder am Wegrand machen uns auf ungewöhnlichere Pflanzenarten wie Schwarzerle, Liguster und Waldföhre aufmerksam. Als wir aus dem Wald treten, säumen Apfel- und Kirschbäume den Weg, im Frühling ein einziges Blütenmeer. Nach rund zwei Stunden erreichen wir Wittnau – und sind hungrig. Den Umweg von fünf Minuten nehmen wir gerne auf uns, um im Landgasthof Krone einzukehren. Dabei entdecken wir die alte Mühle gleich am Bruggbach gegenüber der alten Schlosserei. Von hier kommt das Mehl fürs Jurapark-Brot. Die Wanderung geht sogar im Restaurant weiter: Terrasse und Toilette sind hier auf gelben Wanderwegen angeschrieben. Die hausgemachte Glace schlagen wir aus, denn jetzt folgt der knackigste Aufstieg: von 404 auf 670 Meter über Meer. Inmitten von Reben steigen wir den Sonnenhang hoch. Die Blumenwiesen laden zum Mittagsschlaf, doch wir steigen neugierig hoch bis zur Ruine Alt Homberg. Die Lage ist exponiert, der Burggraben eindrücklich, doch die Mauern sind eher versteckt. Eine halbe Stunde später folgt die Ruine Alt Tierstein: Hier sieht man die Grundrisse der Zimmer klar und deutlich, kann über die Mauern klettern und in den alten Ziehbrunnen schauen. Nach einem weiteren Stück auf dem Fricktaler Chriesiwäg erreichen wir Frick – und holen uns eine Fricktaler Chriesiglace und ein Jurapark-Brot aus der Bäckerei Kunz.
Hoch über der Melezza-Schlucht Nr. 1374
Intragna — Camedo • TI

Hoch über der Melezza-Schlucht

«Stell dir vor, du müsstest noch zehn Kilogramm Käse in deinen Rucksack packen!», ruft mein Mitwanderer von hinten. Im anstrengenden Aufstieg von Intragna nach Costa bereuen wir es einen kurzen Moment, auf die Seilbahn verzichtet zu haben. Gerade haben wir den ersten Bach des Tages überquert – insgesamt 13 Mal werden wir dies auf der heutigen Strecke tun. Ein Mühlenrad aus Holz steht am Ufer, unter der schmuck geschwungenen Steinbrücke schiesst das Wasser aus einer Rinne über die abgeschliffenen Steine. Kurz öffnet sich die Aussicht bis auf den Lago Maggiore: Diesen Weg legten früher die Bauern aus dem Tal mit ihren Waren zurück, wenn sie nach Locarno zum Markt wanderten. In Gedanken versunken gehen wir weiter. Der Weg ist mit Handläufen aus Baumstämmen gesichert, am Boden liegen Eicheln neben stachligen Kastanienhülsen. Zwischen Buchen schimmern weisse Birkenstämme hervor, Farn säumt den Wegrand. Die Strecke verläuft mehrheitlich im wohltuenden Schatten, Vögel zwitschern, wir passieren einzelne Rustici mit Trockensteinmauern. Ein Höhepunkt der Wanderung ist Verdasio. Enge Gässchen führen uns direkt ins Dorfzentrum. Mit Blick auf das blaue Zifferblatt der Steinkirche auf gelbem Grund lassen wir uns auf der Terrasse des Ristorante al Pentolino nieder: Donnerstags bis samstags wird man bewirtet, an den übrigen Tagen darf man hier picknicken und kann sich ein Bier aus der Kühltruhe holen. Kurz vor Borgnone bekommen wir Einblick in ein altes Handwerk: Inmitten von Ruinen ist eine alte Mühle aus neuen Stämmen nachgebaut – die Mechanik funktioniert. Hier können Kinder am Bach spielen und alle anderen sich eine verdiente Pause gönnen, bevor sie den letzten Abstieg nach Camedo unter die Füsse nehmen.
Am Sonnenhang von Leuk nach Salgesch Nr. 1375
Stn. Leuk — Salgesch, Bahnhof • VS

Am Sonnenhang von Leuk nach Salgesch

Von Weitem haben wir nur eine horizontale grüne Linie im Fels gesehen. Jetzt, von Nahem, erkennen wir eine Suone. Der künstliche Bewässerungsgraben führt quer durch den Hang, mal aus Baumstämmen gehauen, mal nur als Graben im Grund. Der Weg entlang der Suone ist gesäumt von Zwergeichen, ihre pelzigen Blätter sind samtig. Die Route ist ein Teil des Chemin du Vignoble, der durchgehend mit der Nummer 36 markiert und dem so einfach zu folgen ist. Vom Bahnhof Leuk geht es hinauf nach Leuk-Stadt. Schon hier passieren wir offene Lastwagen mit gelben Harassen voller dunkler Trauben. Der Eintritt ins Dorf führt vorbei am Bischofsschloss, einem romanischen Turm aus dem 13. Jahrhundert. Wir machen halt bei der Bäckerei Mathieu. Nebst Roggenbrot und Hauswurst verkauft diese Energieriegel mit Traubenkernen – auch Öl, Mehl und Brot produziert man hier aus diesem Nebenprodukt der Weinherstellung. Ein Abstecher zur Kirche St. Stephan lohnt sich. Unterhalb der Kirche befindet sich das Beinhaus. Als sich die Augen hier ans Dunkel gewöhnt haben, realisieren wir, dass wir von Schädeln umgeben sind. Gestützt mit Oberschenkelknochen, sind sie zu Mauern geschichtet. Als die Kirche restauriert wurde, standen die Archäologen plötzlich vor einer 20 Meter langen Wand aus rund 20 000 Schädeln. Von Leuk nach Varen und weiter hoch zur Suone geht es dann endlich durch die Reben. Wo sie durch die Weinberge führt, verläuft die Wanderung meistens auf Strassen, teilweise auch auf asphaltierten. Der Abschnitt entlang der Suone auf dem schmalen Pfad entschädigt einen aber dafür. Der Abstieg hinunter nach Salgesch führt nochmals durch den Rebberg. Über 40 Weinbetriebe prägen das heutige Dorfbild. Neben dem Weinmuseum empfiehlt sich ein Besuch der Ausstellungen im Natur- und Landschaftszentrum.
Vom Bleikechopf ins Chessiloch Nr. 1376
Sörenberg — Flühli LU • LU

Vom Bleikechopf ins Chessiloch

Ein Geräusch aus dem nahen Gebüsch, ein Gurren, Rollen, Reiben – Kullern nennt man den Gesang der Birkhähne, wie wir der Infotafel entnehmen. Wir sehen sie leider nicht: Die blauschwarzen Vögel mit den roten «Rosen» über den Augen und den aufgestellten weissen Schwanzfedern vollführen als Balztanz eindrückliche Flattersprünge. Aber auch so ist das Moorgebiet zwischen dem Dählebode und dem Bleikechopf sehens-, hörens- und riechenswert. Die Föhren sind durchsetzt mit silbergrauen Skulpturen aus Totholz, erfüllt mit Vogelgesängen und wohltuender Stille, es duftet nach feuchter Erde und Nadelholz. Wir sind von Sörenberg – immer mit grandioser Aussicht auf das Brienzer Rothorn und die Schrattenflue – bis zum Grat aufgestiegen. Hier öffnet sich der Blick nach Osten, auf die gesamte Alpenkette rund um den Titlis. Am Ende des Moorgebiets wartet der perfekte Picknickplatz: Wie auf einer Aussichtsplattform ist ein Holztisch mit Bänken platziert. Jetzt gehts runter in geheimnisvolle Chrachen: Nachdem wir den Rotbach beim Gitziloch überquert haben, gehen wir seinen Zuflüssen im Chessiloch weiter auf die Spur. Diese zehn Minuten Umweg pro Richtung lohnen sich. Von immer höheren Stufen schiesst das Wasser ins enge Tal hinunter. Zuhinterst das «Chessi»: Ein rund 60 Meter hohes Halbrund hat sich das Wasser aus dem Gestein gefressen. Sanft besprüht uns der Wasserfall, als wir ihn von der Hängebrücke aus bewundern. Zum Abschluss wartet ein anderes Wassererlebnis: die Kneippanlage Schwandalpweiher. Ein Genuss, die Füsse aus den Wanderschuhen zu befreien und über den Rundweg aus Tannzapfen, Steinen und gar Glasscherben zu gehen – man übersteht ihn unversehrt. Mittelpunkt der Anlage ist der glasklare, türkisfarbene Teich. Da lohnen sich die fünf Franken für den Eintritt allemal.
Passwanderung über den Col de Jaman Nr. 1377
Allières — Les Avants • FR

Passwanderung über den Col de Jaman

Etwas oberhalb des Passübergangs stehen feine schwarze Netze. Zwei lange Reihen, etwa 30 Meter lang und 8 Meter hoch. Auf den Steinen sitzen Leute mit grossen Fernrohren auf Stativen: Sie beobachten Vögel. Der Col de Jaman ist unter Ornithologen bekannt: Hier werden seit Anfang der 1990er-Jahre jedes Jahr rund 10 000 Vögel und Fledermäuse mit den Netzen eingefangen und beringt. Dadurch kann der Wandel im Verhalten der Zugvögel wissenschaftlich untersucht werden. Der Golden Pass Express hält in Allières nur auf Verlangen. Als wir aussteigen, ist die Luft noch frisch, das Tal liegt im Schatten. Unterwegs fallen die kunstvollen Schindeldächer ins Auge: beim Hotel de la Croix de Fer, bei seinen Nebenhäusern sowie auf den Alpen weiter oben. Kurz nach Les Cases überqueren wir die Kantonsgrenze zwischen Freiburg und Waadt. Im Zickzack windet sich der Weg hoch. Nach fast zwei Stunden kommen wir zu einem kleinen Hochmoor, der Bach schlängelt sich malerisch durch die Fläche, die Sonne blinzelt durch die Zweige. Und schon ist der Pass erreicht. Hier eröffnet sich eine prächtige Aussicht auf den Genfersee, das Lavaux und das Tal des Baye de Montreux. Wir halten inne und atmen durch. Milchkannen stehen hinter dem Haus, nebenan ein Hühner- und Schweinestall: Die Alp auf dem Col de Jaman ist in vollem Betrieb. Im Restaurant Le Manoïre steht er denn auch auf der Karte, der Jaman, der Käse vom gleichnamigen Pass. Wir bestellen Polenta, die damit überbacken ist. Rundherum essen Leute Fondue. Der erste Teil des Abstiegs führt dann ziemlich steil durch den feuchten Wald und kontrastiert so mit dem zweiten Teil, der auf einem Asphaltsträsschen gemütlich ins Dorf Les Avants geleitet.
Vom Albispass ins Sihltal Nr. 1378
Albispasshöhe — Sihlwald • ZH

Vom Albispass ins Sihltal

«Geschafft! 152 Stufen und eine tolle Sicht auf das Nebelmeer!» Der Eintrag im Gipfelbuch auf dem Aussichtsturm Albis-Hochwacht ist nur eine von vielen lobenden Stimmen. Die Plattform des Turms ragt aus den Baumwipfeln, über Wendeltreppen aus Holz erreichen wir den perfekten 360°-Rundumblick: Zürich, Zürichsee, Tödi, Rigi, Zugersee, Pilatus, Uetliberg und wieder Zürich. Die Wanderung beginnt auf der Albispasshöhe. Schon bald passieren wir ein Schild des Wildnisparks Zürich, dahinter beginnt der Naturwald: Mit Moos bewachsene Äste formen sich zu Wasserfällen, Wurzelstöcke ragen senkrecht aus der Erde, Vögel zwitschern. Spannend am Kretenweg: Der Wald ist auf der Südwestseite normal bewirtschaftet, auf der Nordostseite unberührt. Nachdem der Sihlwald Jahrhunderte lang intensiv genutzt wurde und als «Heizung» der Stadt Zürich diente, wurde die Waldpflege im Jahr 2000 komplett eingestellt. Nach einer halben Stunde erreichen wir den Aussichtsturm, nach weiteren 50 Minuten das Restaurant Albishorn. Nach den hausgemachten Eierspätzli aus der Region und einem Eichhörnli-Kafi – einem Cappuccino mit Haselnussaroma, 2 cl Gravensteiner und Zimtpulver – machen wir uns an den Abstieg. Auf weichem Waldboden gehts sanft abwärts. Tote Bäume, überwachsen mit Efeu, feuchtes Unterholz, überall Moos. Wir nähern uns einem kleinen Bach – sechs Frösche springen in Deckung. Wir beobachten fasziniert, wie die reglosen Tiere neben Blättern nahezu unsichtbar sind. Nach rund 40 Minuten erreichen wir die Sihl, den Bahnhof Sihlwald und etwas weiter vorne das Besucherzentrum. Hier gibts einen riesigen Spielplatz – und noch mehr Tiere: Otter, Fische und Insekten.
Seebergsee - die Perle des Diemtigtals Nr. 1379
Zwischenflüh, Anger — Schwenden i. D. • BE

Seebergsee - die Perle des Diemtigtals

Zwei Jäger unterhalten sich vor dem Restaurant Seeberg. Über 100 Steinböcke will der eine gesehen haben, hinten beim Alpetli. Der andere erzählt von genau 116 Gämsen, die er Richtung Wiriehore gezählt hat. Sie lehnen an der Hauswand und trinken ein «Chüjerkafi» mit gehörig Rahm. Von Zwischenflüh sind wir – teilweise auf dem asphaltierten Alpsträssli – zum Meniggrund aufgestiegen. Auf dem Walderlebnispfad sieht man knorrige Holzkonstrukte, abgebrochene Äste, uralte Arven und, am Stamm eines Bergahorns, die seltene Lungenflechte: Seit dem Orkan Lothar 1999 wurde hier nichts verändert. Unvermittelt taucht hinter einer Hügelkuppe der Seebergsee auf: Seine Hinterseite ist von Felsen geschützt, wie wenn sie ihm Rückendeckung geben wollten, Wolken und Berge spiegeln sich in der Oberfläche, eine Mutter und ihre kleine Tochter baden die Füsse. Der See ist naturbelassen, er gehört zum Naturschutzgebiet Spillgerten. Vor dem Abstieg empfiehlt sich eine Stärkung im Restaurant Seeberg. Die Alp ist den ganzen Sommer bewirtet, das Zvieriplättli besteht aus Mutschli sowie Hobel- und Geisskäse vom eigenen Betrieb. Hier wird auch der zertifizierte Alpkäse produziert, der in der Region Bern im Grosshandel erhältlich ist. Das Steak stammt von den Schweinen, die wir im Stall nebenan gerochen haben. Sie werden mit der Schotte vom Käsen gefüttert. Nach dem kurzen Anstieg zum Stand geht es steil bergab über eine enge Serpentine: Die Markierung ist jetzt rot-weiss, und wir wissen, weshalb wir die hohen Wanderschuhe angezogen haben. Der Weg ist schmal, aber äusserst malerisch: Zur Rechten öffnet sich der Blick auf Schwenden, eine Alp, die von einer imposanten Fluh umrahmt ist. Meter für Meter sinken wir ins Diemtigtal zurück.
Rundwanderung in den Freibergen Nr. 1380
Saignelégier • JU

Rundwanderung in den Freibergen

Die Einheimischen nennen ihn ehrfürchtig und stolz «Roi du Doubs». Der angebliche König des Doubs ist ein Fisch und heisst auch Rhone-Streber oder Apron. Er ist vom Aussterben bedroht und wird hier im Naturzentrum Les Cerlatez, das bei Voranmeldung für Besucher geöffnet wird, nachgezüchtet. Die mit dem Namen «La Randoline» ausgeschilderte Wanderung beginnt am Bahnhof von Saignelégier. Gleich beim Ortsausgang passieren wir die alte Markthalle von 1904, dahinter die Manège des Franches-Montagnes. Wir merken rasch, dass sich in den Freibergen alles um Pferde dreht. Im Kreisel stehen Metallskulpturen in Pferdeform, Hufeisen auf braunen Verkehrstafeln weisen den Weg für einen Ausritt. Auch begegnen wir Pferdekutschen und können hinter den Zäunen Fohlen beim Bocksprung zuschauen. Tipp: Auf www.pferde-im-jura.ch findet man eine interaktive Karte, auf der die Standorte der Pferde markiert sind. Immer mehr tauchen wir in die typische Juralandschaft ein: mit Moos überwachsene Trockensteinmauern, weicher Boden mit weissem Jurakalk, Fichtenwald und sogenannte Wytweiden – die Weidefläche ist hier mit Tannen durchsetzt, Vieh- und Forstwirtschaft finden auf derselben Fläche statt. Wer mehr über die Wytweiden wissen will, bestellt sich auf der Website des Parks den informativen Führer. Gemütliche Feuerstellen, der flache Verlauf und die Möglichkeit, beliebig mit dem öV abzukürzen, machen die Strecke zur idealen Familienwanderung. Nach rund zwei Stunden erreichen wir das Ziel, den Etang de la Gruère. Birken, Holzstege und Moorlandschaft gemahnen an Skandinavien. Wir setzen uns ans Ufer, beobachten die Enten und Blesshühner, die Fische im braunen Moorwasser und die Wasserläufer zwischen den Wasserpflanzen. Hier atmen wir durch, bevor wir den Rückweg nach Saignelégier unter die Füsse nehmen.
Rundwanderung zur Kesch-Hütte Nr. 1381
Bergün, Tuors Chants • GR

Rundwanderung zur Kesch-Hütte

Noch ein Scheibchen Steinbocksalsiz? In der Kesch-Hütte isst sie sich besonders gut: «Der Wildhüter hat das Tier sauber geschossen. Er ist auch Metzger – die Wurst kommt direkt von hier!», erklärt Hüttenwart Reto. Im Angebot hat er auch Kräutertees aus dem Puschlav und hausgemachte Bündner Nusstorte. Und von der Terrasse geht der Blick auf den Piz Kesch und den Piz Ela, Namensgeber des Parc Ela. Von Chants, zuhinterst im Val Tuors, sind wir gemütlich aufsteigend in die abgeschiedene Bergwelt eingetaucht. Ein leichter Wind zieht uns entgegen, einzig ein Dunststreifen am Himmel erinnert an die Zivilisation. Znüni gibts auf dem Felsabsatz zwischen den beiden Seen Lai da Ravais-ch Suot und Sur. Das Wasser fliesst einmal nach Westen und einmal nach Osten ab: Wir stehen auf der Wasserscheide von Rhein und Inn. Würden wir je ein Papierschiffli absetzen, erreichte das eine die Nordsee und das andere über die Donau das Schwarze Meer. «Bitte Männchen machen, damit ich dich fotografieren kann!» Unglaublich, aber das Murmeltier kommt dem Wunsch nach. Nach dem Posieren huscht das Murmeltier davon – und springt, ohne zu zögern, über den Bach. Dort verschwindet es in seinem Palazzo: einem Erdhügel mit mindestens acht verschiedenen Eingängen. Auch Hirsche, Steinböcke und Gämsen wohnen hier zuhauf, und in einem Tümpel beobachten wir einen Frosch. Der Wanderweg schlängelt sich neben dem malerisch mäandrierenden Bach vorwärts, linkerhand öffnet sich der Blick auf das Val Funtauna, rechterhand kommt der Piz Kesch mit dem Gletscher Vadret da Porchabella in Sicht. Dieser magische Anblick hilft uns, auch den Anstieg zur Kesch-Hütte zu meistern, der es in sich hat. Nach der Stärkung folgt der Abstieg durch Heidelbeersträucher und immer saftigere Wiesen zurück nach Chants.
Hüttenwandern im Glarnerland Nr. 1321
Bergst. Tierfehd-Kalktrittli — Burleun • GL

Hüttenwandern im Glarnerland

Eines war von Anfang an klar: Der Bau der Staumauer würde für die Muttseehütte im Glarnerland vieles verändern. Der beliebte Hüttenweg durch den Stollen wurde gesperrt und der Zustieg über das ausgesetzte Chalchtrittli ausgebaut - Schwindelfreiheit ist also wichtig. Die Übernachtungen gingen während der Bauarbeiten zurück, dafür wurde die Hütte von den Bauarbeitern als Kantine genutzt. Der Entscheid, die Hütte während der Bauzeit zu erneuern und zu erweitern, lag auf der Hand, und das Vorhaben wurde in den Sommern 2012 bis 2014 realisiert. Seit dem Umbau verfügt sie über einen Stromanschluss, der für einen grossen Haushalt reichen würde. Auch die Wanderung über den Kistenpass erhielt einen neuen Verlauf. Sie führt von der Muttseehütte über die Staumauer und in eine Senke hinunter. Dieses Wegstück entstand 2016 in Fronarbeit. Auch das anschliessende Teilstück bis zur Kistenpasshütte ist neu. Der Rückgang des Permafrosts zwang die Glarner Wanderwege, die unsicher gewordene Strecke zu verlegen. Im Jahr 2009 wurde mit dem Bau des Pumpspeicherwerks Limmern begonnen, 2016 waren die Arbeiten abgeschlossen. Das neue Werk kann Wasser aus dem Limmerensee in den höher gelegenen Muttsee zurückpumpen und verdreifacht die Leistung des alten Kraftwerks. Ab 2018 soll auch der einfachere Hüttenzustieg durch den Stollen wieder zugänglich sein.
Abwechslungsreiche Jurahöhen Nr. 1190
Moutier — Gänsbrunnen, Bhf. • BE

Abwechslungsreiche Jurahöhen

Vom frühlingshaften Moutier scheint man beim Aufstieg auf die Graitery die Zeit zurückzudrehen und in den Winter zurück zu wandern. Denn oben auf diesem Höhenrücken liegt Ende April häufig noch etwas frischgefallener Schnee, und die Buchenblätter, die unten schon entfaltet sind, stecken noch verpackt in den Knospen. Nach einer flachen Strecke zum Aufwärmen steht man am Fuss der Graitery. Der anspruchsvollste Weg auf diese Jurahöhen führt über die Echelles du Graitery. Dies sind keine Leitern in zweifelhaftem Zustand, sondern solide Metalltreppen mit Geländer, auf denen man eine Felsstufe im Wald überwindet. Wenn oben auf dem breiten Rücken der Wind über die Weiden bläst und eine Rast im Freien unter einer der mächtigen Fichten oder Buchen auf den Weiden zu ungastlich ist, lockt die Auberge du Graitery hinein an die Wärme. Auf dem Weiterweg zum Oberdörferberg wartet kurz darauf noch ein mit Ketten gesicherter kurzer Abstieg, der etwas Konzentration erfordert und bei Schnee und Nässe zur Schlüsselstelle der Wanderung wird. Abwechlungsreich mit kurzen An- und Abstiegen wandert man weiter zum Oberdörferberg. Dabei kommt man am 1967 erbauten Skilift vorbei, der noch immer in Betrieb ist und zu dem ein kleines Skigebiet mit drei Kilometern Piste gehört. Von oben sieht man ins frühlingsgrüne Tal von Gänsbrunnen, einem Teil des Naturparks Thal. Im Restaurant Oberdörfer bietet sich noch einmal eine Gelegenheit, gemütlich hinzusitzen, bevor man wieder hinunter ins Tal steigt. Der steile, holprige Pfad hinunter nach Gänsbrunnen erfordert bis zuletzt noch etwas Konzentration.
Frühling neben den Flüssen Nr. 1187
Bremgarten AG — Hedingen • AG

Frühling neben den Flüssen

Bremgarten ist ein hübsches Städtchen. Wer sich etwas länger umsehen möchte, möge dafür genug Zeit einplanen, denn die Wanderung zieht sich teilweise etwas in die Länge. Sie ist dafür sehr abwechslungsreich. Zunächst geht es der Reuss stadtauswärts entlang. Schattig ist der Beginn der Wanderung durch den grünen Laubwald, das Wasser glitzert in der Morgensonne. Da macht man den kleinen Umweg entlang des Ufers sehr gern. Beim Austritt aus dem Wald wird die Reuss das erste Mal überquert und dies auf sehr schöne Weise: die gedeckte Holzbrücke ist ein nächstes Highlight der Wanderung. Am anderen Ufer werden Spuren von Bibern an den Bäumen sichtbar. Schon verrückt, wenn man bedenkt, dass diese ganze Bäume nur mit ihren Zähnen fällen… Das nächste Stück bei Hermetschwil im Naturschutzgebiet entlang des Flachsees wird - Sie haben es erraten - flach und lang. Wer gerne Tiere beobachtet, kommt auf seine Kosten. Allen empfohlen sei ein guter Sonnenschutz, denn auf diesem Stück ist man ihr ohne Schattenspender komplett ausgesetzt. Schatten gibt es wieder am Ende des Sees, wenn das Naturschutzgebiet hinter einem liegt. Hier bietet sich eine kurze Rast am Flussufer bei romantischer Stimmung an. Frisch gestärkt wird das Dorf Jonen durchquert, worauf im Jonental wieder eine Überraschung in Form einer Kapelle mitten im Wald folgt. Der Ort ist kraftvoll und mystisch und strahlt eine gewisse Ruhe aus. Von hier folgt der erste und einzige nennenswerte Aufstieg durch den Wald. Die Jonen führt einen aus dem Wald heraus ins Dorf Zwillikon, wo man schlussendlich über Feldwege nach Hedingen gelangt und von dort aus die S-Bahn in Richtung Zug oder Zürich nimmt.
Durch 44 Kehren am Lolenpass Nr. 1335
Oberalppass — Andermatt • UR

Durch 44 Kehren am Lolenpass

Der einzige Leuchtturm in den Alpen steht auf 2046 Metern auf dem Oberalppass. Das Original stand einst an der Rheinmündung bei Rotterdam über 1300 Kilometer weiter unten, heute markiert es das Quellgebiet des Flusses. Daneben entspringen hier auch Rhone, Reuss und Ticino, und sie fliessen alle in unterschiedliche Richtungen. Auf dem Lolenpass entscheiden einige wenige Meter darüber, wohin die Reise des Wassers geht. Es gibt den Vier-Quellen-Weg, auf dem man in fünf Etappen, von Hütte zu Hütte, die vier Quellen erwandert. Wer nicht alles haben kann oder will, wandert vom Oberalppass über die Maighelshütte über den Lolenpass ins Unteralptal nach Andermatt. Die Route führt am Leuchtturm vorbei und steigt einige hundert Meter hinab. Bei der ersten Abzweigung folgt man dem Weg Richtung Maighelshütte. Er ist gut markiert und die Hütte nicht zu übersehen. Unterhalb der Hütte zeigt ein Wegweiser zum Pass Tagliola/Lolenpass, es folgt ein kurzes, wegloses Stück. Unterwegs kann man selbst im Hochsommer auf Altschneefelder stossen, die man am besten umgeht. Auf dem Lolenpass folgt eine stürmische Begrüssung durch die Schafe, die dort weiden. Dann wird es richtig steil: Die Armee hat hier einst einen Säumerpfad angelegt, der die rund 500 Höhenmeter vom Lolenpass ins Unteralptal mit 44 spitzen Kurven auf engstem Raum überwindet. Schliesslich folgt der Wanderweg der Unteralpreuss bis nach Andermatt, mal auf Naturstrasse, mal auf Hartbelag. Hinter einem liegt dann eine abwechslungsreiche Wanderung, deren zweite Hälfte vom Lolenpass nach Andermatt recht anstrengend ist.
Von Schwarzenburg nach Mittelhäusern Nr. 1189
Schwarzenburg — Mittelhäusern • BE

Von Schwarzenburg nach Mittelhäusern

In Schwarzenburg ist Endstation. Ab hier fährt die S-Bahn aus Bern nicht mehr weiter und die Fahrgäste müssen aufs Postauto umsteigen. Oder sie wandern. Zum Beispiel Richtung Mittelhäusern, das auf der anderen Seite des Schwarzwassergrabens liegt. Durch Wohnquartiere verlässt man das Dorf und steigt bald ziemlich steil an. Auf dem höchsten Punkt thront die Kirche von Wahlern. Ihr Ursprung reicht bis ins 12. oder 13. Jahrhundert zurück. Auf einem Feldweg geht es dann in Richtung Klus. Hier wird der Natur Raum gelassen, zahlreiche Wildblumen haben sich am Waldrand angesiedelt. In leichtem Auf- und Ab an zahlreichen Einzelhöfen und Weilern vorbei, bis sich nach Nydegg die Strasse senkt. Eintritt ins Auengebiet Sense-Schwarzwasser. Steil geht es hinunter, nur einmal laden Bank und Tisch zum Halt. Danach wird es noch steiler und sogar etwas rutschig, bis man schliesslich im Schwarzwassergraben angelangt ist. Das Wasser des kleinen Flusses ist aber keinesfalls schwarz, sondern sauber und grünlich gefärbt. Auf einem Feldweg geht es durch den stillen Graben. Man trifft wenig Ausflügler, diese tummeln sich erst weiter flussabwärts in der Nähe der alten Schwarzwasserbrücke. Dort ist die Flusslandschaft eindrücklich: Auf beiden Seiten geht es steil bergauf, beim Zusammenfluss mit der Sense folgt man nur noch einem in den Sandstein gehauenen Pfad. Die Fallhöhe wäre zwar nicht hoch, aber vorsichtshalber hält man sich an den festgemachten Ketten. Überall laden Kiesbänke zum Sonnenbaden und Grillieren. Weit oben fährt die S-Bahn über die Brücke. Die Wanderung geht entlang der Sense bis zum Büffel. Bei diesem markanten Felsen zweigt der Pfad nach Mittelhäusern rechts ab. Vorher erfrischt man sich aber besser noch beim Brunnen, denn nun wird es anstrengend. Der Weg führt über steile Stufen hinauf, vorbei an einem Wasserfall und durch Wald und Wiesen nach Mittelhäusern.
Einsame Pfade nach Uri Nr. 1332
Val Russein, Alp Cavrein Sut — Tal (Bristen) • GR

Einsame Pfade nach Uri

Den Dialekt der Leute in den Bergen zu verstehen, ist nicht immer einfach. Was zum Teufel meint der Urner, wenn er sagt: «Dr Feen, wo nit ghiraatet hett», und warum sucht er das Fazenetli? Dialekte schaffen Identität. Der Dialektexperte Felix Aschwanden hat mehr als 50 000 Urner Wörter erfasst. Mit mehr als einem Kilo Gewicht ist es kein Buch, das man in den Rucksack steckt. Das «Urner Mundartwörterbuch» ist vielmehr eine Übersetzungshilfe und eine Sozialgeschichte über mehrere Generationen hinweg. Der Weg zu den Maderanern, die, so scheint es, eine Geheimsprache sprechen, führt von Disentis aus über die Fuorcla da Cavardiras. Ganz schön viele Höhenmeter. Wer ein paar weglassen will, nimmt das Alpentax, das fast bis zur Alp Cavrein Sut hochfährt. Die Wanderung führt nun zur Alp Cavrein Sura hinauf. Hier nimmt man das linke Tal, das Val Cavardiras. Über eine Steilstufe geht es erst zur Alp Cavardiras, später dann weiter zur Camona da Cavardiras hinauf. Der andere Tag ist dem Abstieg gewidmet, erst zum Brunnifirn und über die Alp Brunni zur Hinterbalmhütte hinunter. Bei Blindensee ist das Maderanertal erreicht. Von nun an geht es talauswärts bis zur Busstation bei der Talstation der Seilbahn Golzern. Und wer die geheimnisvollen Worte nicht versteht, dem sei es hier verraten: Der Maderaner sprach vom Föhn, der wild und ungestüm bläst. Fast wie ein Jungspund. Und das Fazenetli haben die Urner vom italienischen Fazzoletto, Nastuch, entlehnt. Sie haben das Wort adaptiert, als beim Bau des ersten Eisenbahntunnels viele italienische Gastarbeiter im Urnerland waren.
Isenthaler Erinnerungen Nr. 1333
Ristis — Isenthal, Seilbahn St. Jakob • OW

Isenthaler Erinnerungen

Das Isenthal ist das nördlichste Tal im Kanton Uri. Fast etwas abseits und für sich allein liegt es, hoch über dem Vierwaldstättersee. Der Seeweg war denn auch bis 1951 die einzige Verbindung mit dem übrigen Uri. Vielleicht ist es diese lange Abgeschiedenheit, welche die Leute hier miteinander verbindet? Die Isenthaler sind stolz auf ihr Dorf und ihr Tal, bis heute. Aber wie lebte es sich im Isenthal vor bald hundert Jahren? Auf der Website der Isenthaler Kulturkommission sind Fotos aufgeschaltet, die zeigen, wie die Isenthaler früher die Freizeit verbrachten, arbeiteten und Feste feierten. Die Fotos sind ein beeindruckendes Sozialporträt der letzten hundert Jahre und zugleich eine Studie über das Leben einzelner Personen und Familien. Die Wanderung ins Isenthal beginnt gelb markiert auf dem Ristis, an der Endstation der Seilbahn Brunni. Von hier steigt man über einen weiss-rot-weissen Bergwanderweg zur Rugghubelhütte auf und weiter zum Rot Grätli. Es ist der höchste Punkt der Wanderung und zugleich der Übergang in den Kanton Uri. Vorbei am kleinen Gletscher Schöntaler Firn und - vorübergehend weiss-blau-weiss markiert - über die Unter Engelberger Egg und das Schöntal geht es zur Grossalp. Man sieht den Uri Rotstock, den höchsten Berg weitherum, mit seiner Kappe aus rotem Gestein obendrauf. Und man erhält einen Eindruck von der Weite und Grosszügigkeit des Isenthals. Über das lange Grosstal hinaus erreicht man die Talstation der Seilbahn St. Jakob.