Lohnt sich Silvester in einer Hütte?

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27.12.2017 • evelynewandert

Lohnt sich Silvester in einer Hütte?

Ein Hüttenerlebnis muss immer verdient werden, denn der Zustieg ist eine schweisstreibende, mehr oder weniger strapaziöse Angelegenheit.

Da kommen regelmässige Trinkpausen und ein ausgedehnter Picknickhalt sehr gelegen. Manchmal liegt sogar ein Nickerchen umgeben von Alpenblumen drin. Ein bisschen Musse soll bitteschön sein. Innehalten, das laue Lüftchen auf der Haut spüren, die kraftspendende Bergwelt mit allen Sinnen aufnehmen. Einmal bei der Hütte angekommen, entledige ich mich jeweils möglichst schnell der verschwitzen Kleider, mache mich frisch und geniesse auf der Terrasse die nachmittäglichen Sonnenstrahlen. Gelegentlich erkunde ich auch noch die Hüttenumgebung, auf der Suche nach dem perfekten Fotografierstandort.

Das gilt freilich für die schneefreie Zeit. Aber wie verhält es sich im Winter?

Auf Schneeschuhen und Tourenski ist der Zustieg um einiges anstrengender, jedenfalls für mich. Trinkpausen verkommen zum notwenigen Übel – zu schnell friere ich unter der nassen Kleidung. Bissfeste Nahrung in Form von Trockenfrüchten und Studentenfutter gibt es nur aus dem Jackensack; ich habe keine Lust, mich mit klammen Fingern den Fussunterlagen zu entledigen und für ein anständiges Picknick in den kalten Schnee zu sitzen. Laues Lüftchen: ha! Polarströme fegen mich fast aus dem Stand. Und dann erst die Hütte! Viel Mensch auf engstem Raum, inexistente Privatsphäre, denn draussen ist der Bewegungsradius nahe bei null. Wie auch die Waschgelegenheit. Und die Temperatur im Schlafsaal. Das muss man alles auch erst einmal aushalten können!

Warum also, um Himmels Willen, sollte ich mir diese Strapazen auferlegen, erst recht über die Feiertage?

Weil Hüttenromantik und Ruhe erst im Schnee so richtig zu finden sind.
Weil ich so der Silvesterknallerei entgehen kann.
Weil ich den inneren Schweinehund überwinden will.

Hüttenromantik – wenn nicht im Winter, wann dann?! Einladend scheint das Licht durch die kleinen Sprossenfenster der Hütte und vermittelt sofort ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit. Drinnen sitzen ein paar Personen und wärmen sich an einem Tee oder mit dem Rücken zum Öfchen. Nur noch wenige Schritte, dann darf auch ich Teil dieser kleinen, verschworenen Gemeinschaft sein! Zuvor habe ich die Ruhe der Natur in vollen Zügen genossen. Die dicke Schneedecke hat alles scheinbar in einen tiefen Winterschlaf versetzt, und nur spärlich lassen sich Spuren von Leben entdecken. Menschen trifft man ohnehin nur in der Nähe der Bergbahnen und auf den Skipisten an.

Und wie still es doch vor der Hütte ist! Ungewohnt und daher schon fast beängstigend. Nicht einmal das Plätschern eines Bergbachs ist zu vernehmen. Kein Vergleich zur alljährlichen Knallerei an Silvester. Obwohl: wer garantiert mir denn einen raketen- und böllerfreien Aufenthalt?

Ich habe es getan. Ich habe die Macht der Gewohnheit besiegt und mich der Herausforderung eines winterlichen Hüttenbesuchs einmal mehr gestellt. Und reüssiert. Genossen, trotz Anstrengung und Komforteinbussen.

Einen Winterabend in einer Hütte zu verbringen, lohnt sich sehr! Das wird an Silvester nicht anders sein. Dessen bin ich mir sicher, auch wenn mir genau dieses Erlebnis noch fehlt. Ich werde es nachholen.

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Übrigens: die Zustiege sind unterschiedlich schwierig und die Hütten teils sogar zu Fuss oder per Seilbahn erreichbar. Eine Auswahl:

  • zu Fuss oder per Seilbahn erreichbar: Brunnihütte, Cabane du Mont Fort
  • leichter Zustieg: Lämmeren (siehe Titelfoto, © Lämmerenhütte), Lidernen, Tuoi
  • mittelschwerer Zustieg: Keschhütte
  • anspruchsvoller Zustieg: Rotondo, Carschina
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Literaturtipp

Die schönsten Hüttenziele im Winter

Autor: David Coulin, erschienen im AT Verlag

ISBN 978-3-03800-667-1

Hüttenwanderin

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