Was wirklich geschah auf dem Vilan

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15.06.2019 • Wanderpapa

Was wirklich geschah auf dem Vilan

Die Besteigung des Vilan war der Höhepunkt unseres Wanderjahres – so kündige ich es in meinem Artikel über Familiengipfel im Magazin WANDERN.CH an. Darin läuft alles wie am Schnürchen. Doch so einfach war es nicht.

Am Morgen klappte noch alles wie geplant. Wir waren fünf vor neun an der Talstation, wo ich für die Neun-Uhr-Gondel Plätze reserviert hatte. Wir waren nicht alleine unten, doch mussten wir dank der Reservation nicht warten. Die gelbe Bahn trug uns in die Höhe, bei jedem Mast musste unser Lichterprinz von Herzen lachen – es ging ihm zu dieser Zeit noch gut.

Ich hatte im Voraus die Route gut studiert, und mir von Kennern der Gegend erklären lassen, wie anspruchsvoll und ausgesetzt der Alpinwanderweg sei. Ich wusste, dass es eine steile Angelegenheit werden würde und plante deshalb viel Zeit ein für die zwei Stunden bis zum Gipfel. Aus meiner Erfahrung weiss ich: Wenn der Wanderpapa gestresst ist, wird es mühsam (die Wandermama hatte an diesem Tag kinderfrei). Dann wollen auch die Kinder nicht mehr. Und es macht wesentlich mehr Spass, gemeinsam eine Leistung zu erbringen, wenn man Zeit hat, zwischendurch was zu essen oder Gummibärchen zu verstecken.

 

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Der erste Höhepunkt

Die Wanderung begann also steil, 600 Höhenmeter standen auf dem Programm. Noch war es schattig und frisch, die Gräser taubehangen. Die drei Kinder waren motiviert, schafften Spitzkehre um Spitzkehre, sammelten Gräser und spielten damit „Huhn oder Hahn?“. Der Zwergenkönig übernahm die Führung und gab das Tempo vor, musste aber immer wieder warten, was ihn zunehmend ungeduldig machte.

Wir assen ein erstes Znüni, ich zückte das Kinderfernrohr und einen Kinderfeldstecher, weil die Aussicht immer wie weitreichender wurde, und erklärte Gipfel und Ortschaften unten im Tal, soweit mein Wissen und die Landeskarte ausreichten. So kamen wir auf dem Messhaldenspitz an, am ersten Ziel. Er hatte bereits ein Gipfelkreuz – das verlieh uns das Gefühl, schon so viel erreicht zu haben. Immerhin hatten wir schon 400 Höhenmeter unter uns gelassen.

Nun wurde der Weg anspruchsvoller, aber auch interessanter, weil er entlang der Krete führte, steil abfallend auf der Seite des Rheintals. Doch der Weg führte nur ein-, zweimal wirklich am Abgrund entlang, der Rest des Weges lag meist etwa eineinhalb Meter in der Wiese.

„Geniesse den Moment“

Ich nahm die Kinder zu mir, verlangte Konzentration und Aufmerksamkeit von ihnen. Den kleinen Lichterprinz setzte ich in die Rucksacktrage, wo er immer wie stiller wurde – und bleicher. Ohne direkten Sichtkontakt nahm ich das nicht wahr, auf den Fotos musste ich dies aber nachträglich feststellen.

Bald führte der Weg im Zickzack und nicht mehr am Abgrund hinauf, es fehlten nur noch wenige Hundert Meter, als der Kleine über Halsweh zu klagen anfing. Ich war noch am Rätseln, was es sein könnte, als mein Sohn mir den ersten „warmen Gruss“ in meinen Nacken schickte… Oje!

Der Stress begann. Trösten, putzen, Geschwister beschäftigen, eine neue Strategie zurechtlegen. Der Älteste war nämlich schon auf dem Gipfel. Ich hatte ihn vorausgeschickt, als das Terrain einfach geworden war und seine Geduld immer kleiner. Zum Glück überholte uns ein Wanderer, den ich als Boten einsetzen konnte.

Den Kleinen wollte ich wieder in die Trage setzen, er wollte aber partout selber weiterwandern. So schleppten wir uns die letzten Meter auf den Gipfel, 2376 M. ü.M. hoch, und anstelle gegenseitiger Gratulationen und High Fives versuchte ich, den Lichterprinz zu betten und mit den Wanderstöcken und der Regenjacke für Schatten zu sorgen.

Die älteren zwei begannen derweil mit dem Picknick. Der Älteste entdeckte das Gipfelbuch und verewigte sich: „18.7.2018, 12:40 Uhr: „Es ist toll, diese Aussicht. Ich geniesse den Moment auf dem Vilan.“ Mein Genuss war gerade etwas geschmälert.

So wurde der Gipfel zur Nebensache. Natürlich schossen wir das Gipfelfoto, einfach ohne den Lichterprinz. Und machten uns bald wieder an den Abstieg. Es stellte sich heraus, dass der Kleinste wirklich einen „Käfer“ aufgelesen hatte – und ich noch mehrere Male putzen musste. Er liess es sich aber auch auf dem Abstieg nicht nehmen, selber zu wandern. Unglaublich, welche Energie Kinder haben, auch noch wenn sie krank sind.

 

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Nachtrag: Wir schienen damals so auf einer Art Krankheitswelle zu reiten, denn der Vorfall war nicht der einzige. Bereits 2017 hatte der Älteste eine schwere Nacht in einem Appenzeller Gasthaus. Und im letzten Herbst traf es erneut den Ältesten, diesmal in einer Hütte im Grimselgebiet. Seither hat sich die Lage aber beruhigt und wir sind unterwegs ohne Zwischenfälle.

Sucht ihr einfache Gipfel, die ihr mit euren Kindern besteigen könnt? Ich habe zusammen mit den Wanderwegfachorganisationen eine Liste erstellt mit schönen Gipfelzielen. Ihr findet sie hier:

http://www.wandern.ch/kindergipfel

 

Wanderpapa

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