Wir sind in die Salzwüste Boliviens gewandert
Auf der Familienwanderung zur Bächlitalhütte haben wir Bolivien entdeckt. Die grosse Schwemmebene zu Füssen der Hütte ähnelt der Salzwüste Salar de Uyuni – jener Wüste, die meine Frau und ich vor vierzehn Jahren als Traveller besucht haben.
Beim langen Aufstieg zum Bächlisboden erinnern wir uns, dass wir das letzte Mal kurz vor der Ebene den Weg links genommen hatten und nicht jenen geradeaus. Das lohnt sich, weil man den schönsten Teil der Schwemmebene auf den ersten Blick zu sehen bekommt. Wir wähnen uns sogleich in einer kleinen Salar de Uyuni, der bekannten Salzwüste Boliviens, und in deren Lagunen rundherum. Eine grosse Fläche aus weissem Sand liegt vor uns, durchzogen von breiten, weissen Bächen. Es fehlen nur noch die Flamingos, um sich wie in Südamerika zu fühlen. Eingebettet ist die Ebene von den mächtigen Bergen des Grimselmassivs: schroffe Gipfel und Grate, riesige Felswände überzogen mit gelblichen Flechten, breite Geröllfelder. Und weit hinten thront die Bächlitalhütte.
Zauberfee und Zwergenkönig sind begeistert, ziehen umgehend ihre Wanderschuhe aus, knüpfen sie zusammen und legen sie über die Schulter, krempeln die Hosen hoch. Vorsichtig waten sie durchs Wasser. Ist es genug seicht, damit die Hosen nicht nass werden? Gar nicht so einfach, das Gleichgewicht zu halten, wenn die Füsse im knöcheltiefen Sand versinken. Wir tun es ihnen gleich und ich trage den Lichterprinz zu einem kleinen Felsrücken, auf dem wir picknicken.
Der Rest des Tages ist ein Selbstläufer. Die Kinder stauen kleine Bäche, suchen in den Felsen nach „Edelsteinen“, klettern auf dem Felsrücken herum, legen mit kleinen Steinen Figuren, stapfen im matschigen Sand. Etwas weiter drüben entdecken wir ein weiteres kleines Paradies: Eine grosse, moosige Fläche, kräftig grün-braun-orange leuchtend, immer wieder durchsetzt mit knallroten, kleinen Flechten und einzelnen Grashalmen. Wie arrangiert ragen weisse Felsblöcke aus dem Moosmeer. An mehreren Stellen wiegen Wollgräser sanft im Wind. Kleine Bächlein gurgeln rundherum, Luftblasen steigen darin empor. Wasser tropft langsam von einem Stück Restschnee, das unterhalb eines Geröllfelds den Sommer überdauert hat. Wir stehen da und staunen, können uns kaum mehr erholen.
Zwei happige Aufstiege
Nicht erstaunlich: Wir sind an diesem Tag die Letzten, die den Aufstieg zur Hütte in Angriff nehmen. Bereits der Aufstieg vom Räterichsbodenstausee zur Schwemmebene ist für Kinder ein happiger. Meist führen zwar Treppenstufen empor, doch für kleinere Kinder sind sie manchmal recht hoch. So ist es auch keine Überraschung, dass der vierjährige Lichterprinz bei beiden Aufstiegen irgendwann mal aufgibt und ich ihn schwitzend und keuchend in der Rucksacktrage hochbuckle. Es ist der Preis, den ich zu zahlen bereit bin für die ausgiebig lange Zeit, die wir auf der Schwemmebene verbringen durften.
Die Hütte ist proppenvoll. Kein Wunder, bei diesem prächtigen Herbstwetter hätte der Hüttenwart wohl jedes Bett doppelt verkaufen können. Wir nehmen es gelassen, auch wenn wir es uns etwas gemächlicher gewünscht hätten. Beim Nachtessen beraten wir, was wir am Sonntag tun wollen. Es ist klar: Wieder auf die Schwemmebene. Mit Mühe kann ich den Abstecher zu den idyllischen Seen nahe der Hütte einbringen. Für den etwas weiter weg gelegenen Gletscher kann ich meine Liebsten nicht begeistern.
Ein kaltes Bad
Am nächsten Tag geht es also zu den kleinen Bergseen. Natürlich lassen wir uns nicht lumpen und steigen ins eisig kalte Nass. Erst die Kinder, dann ich. Es tut ja so gut! Doch viel Zeit lassen uns die Kinder hier oben nicht. Nach einer kleinen Klettertour auf den Felsblöcken rund um die Seen machen wir uns an den Abstieg, der auf demselben Weg verläuft wie der Aufstieg. Wir durchqueren die Ebene und finden uns wieder ein in unserem Bolivien. Und auch am zweiten Tag sind wir bei den Letzten, die ins Tal absteigen. Der Rückweg führt uns von Bolivien zurück in die Schweiz: Er beschert uns zuerst knallrote Heidelbeerstauden, die wunderschön zum Grau der Berge kontrastieren. Und in der ersten Senke verabschiedet uns eine geschäftige Murmeltierfamilie.
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