Escursionismo in estate

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Ein Blick auf Babelis Welt 2 Nr. 1076
Schwägalp — Hemberg • SG

Ein Blick auf Babelis Welt 2

Von der Schwägalp führt die dritte Etappe des Neckertaler Höhenwegs auf einem Höhenzug über beinah 20 Kilometer nach Hemberg. Im dortigen Armenhaus starb 1905 die Bauernmalerin Anna Barbara Aemisegger-Giezendanner, im Toggenburg «s Giezedanners Babeli» genannt, nach einer Odyssee der Armut, die sie malend und zeichnend durchs Toggenburg geführt hatte. Am besten startet man auf der Passhöhe Schwägalp. Ein Weg führt durch das Moor zum Chräzerenpass, von wo aus ein Fahrweg zur Alp Horn verläuft. Hier ist das Neckertal erreicht. Der Weg führt nun oberhalb des Ofenlochs, einer imposanten Nagelfluhschlucht, zur Ellbogen-Alp. Der Aufstieg zum Hinterfallenchopf kostet an der Sonne einige Schweisstropfen. Dafür entschädigt eine famose Sicht auf den Säntis und über das Toggenburg bis zu den Alpen. Nach einer ausgiebigen Rast geht es zur Chloster* alp hinunter. Der Aufstieg zur Gössigenhöchi ist teilweise weglos, aber kaum zu verfehlen. Über den Bergrücken wird der Aussichtspunkt mit Sitzbänken erreicht. Eine Rast gibt Kraft für den Abstieg über einige Kehren nach Ritteren. Durch den Wald weiter nach Grundlosen hinunter, dort ein kurzes Stück der Strasse entlang, und bald führt ein Wald- und Wiesenweg, der sehr nass sein kann, der Schlattegg entlang nach Bendel. In diesem Weiler kam «s Giezedanners Babeli» 1831 zur Welt. Entsprechend reich ist ihr Werk an Häusern, Dorfansichten und bäuerlichen Szenen rund um Hemberg und Kappel. Im Bendel trifft man auf das einzige Restaurant der Tour, den «Sternen», gleich rechts davon stand Babelis mutmassliches Eltern- und Geburtshaus. Vor dem Weiler führt der Fahrweg in den Wald und bringt den Wanderer an Riegelschwendi vorbei nach Hemberg. Früher hatte die Mousseline-Weberei hier oben grosse Tradition. Sie gab auch der alleinerziehenden Witwe Babeli einen unverzichtbaren Zusatzverdienst.
Surenenpass Nr. 1019
Fürenalp — Brüsti • OW

Surenenpass

Idyllisch schmiegt sich die kleine Kapelle in die Hügel der Blackenalp. Ein Kraftort, sagen die Einheimischen. Und so fühlt es sich auf der Alp unter der von Schlossstock, Wissigstock und Blackenstock aufgespannten Felsarena auch an. Es ist eine urchige Kraft, die man zu spüren meint. Urtümlich ist auch die Sage, die hier ihren Schauplatz hat: die Surenensage. Früher, so steht es in Engelberger Archiven, soll hier ein Ungeheurer gewütet haben, das Greiss. Ein junger Schafhirt habe sein liebstes Lamm mit Weihwasser aus der Kirche von Attinghausen taufen wollen, worauf sich das Tier in ein Ungeheuer verwandelte und fortan Blut forderte und Schrecken verbreitete. Abhilfe konnte erst ein silberweisses Stierkalb schaffen. Dieses wurde neun Jahre lang gesäugt und dann als mächtiger Stier von einer Jungfrau über den Pass auf die Surenen geführt. Dort oben bezwang der Stier das Ungeheuer im Kampf. Die Stierenkapelle und der Stierenbach sind nach ihm benannt. Unterhalb der Blackenalp stürzt dieser Bach als imposanter Stäuber das Tal hinab. Eine gute Stunde zieht sich der Weg bis zum Stierenbachfall. Von der Bergstation Fürenalp und dem zugehörigen Gasthaus aus führt er zunächst über saftige Wiesen, rechter Hand hat man die markanten Felsstöcke von Gross und Chli Spannort im Blick. Hinter der Blackenalp wird die Landschaft karger und der Weg zieht steiler als zuvor hoch zum Surenenpass. Auf Urnerseite geht es zunächst durch Geröllhalden steil abwärts. Später schwingt sich der Weg über einen breiten Grat und bietet spektakuläre Tiefblicke auf den Urnersee und die Alp Waldnacht. Eine kurze Passage ist mit Seilen gesichert. Danach ist es nicht mehr weit bis zur Gondelbahn, die einen mühelos 1000 Höhenmeter zu Tal trägt.
Vom Lac de Joux auf die Dent de Vaulion Nr. 1016
Le Pont • VD

Vom Lac de Joux auf die Dent de Vaulion

Bei der Ankunft am Bahnhof Le Pont an diesem Vormittag im Juli ist der Lac de Joux noch nebelverhangen. Die Wanderung führt einige hundert Meter am Seeufer entlang, bevor wir die Strasse überqueren, um linker Hand den Aufstieg in Angriff zu nehmen. Der schmale, steinige Weg führt in den Wald, wo die grossen Tannen schon zur Begrüssung auf uns zu warten scheinen. Später wechseln sich Wege und Strassen ab, wobei auch ein langes, nicht besonders interessantes gerades Teilstück zu bewältigen ist. Auf der Alp Dent Dessous beginnt erneut ein steiler, steiniger Weg, dessen gewundener Verlauf sofort erahnt werden kann. Bereits nach zwei Kurven eröffnet sich der Ausblick auf den Lac de Joux. Wir erreichen die Alp Petite Dent Dessus, wo die Familie Fuchs im Sommer ihren wunderbaren Alpkäse herstellt und verkauft. Von hier aus setzt sich der Weg in der Weide fort. Der steile Aufstieg wird von Kuhglockengebimmel begleitet und auf dem Gipfel warten die friedlichen Wiederkäuer schon auf uns. Sie scheinen gelassen, aber trotzdem ist Zurückhaltung angebracht. Das Chalet „La Dent de Vaulion“ ist bereits zu erkennen – das Restaurant ist mit dem Auto erreichbar und von Mitte Mai bis Ende Oktober geöffnet. Nach weiteren fünfzehn Minuten erreichen wir den Gipfel. Die Rundsicht auf das Genferseegebiet und die Alpen ist einmalig. Tische und Bänke laden zur Erholung und Stärkung ein. Der Rückweg führt wieder am Restaurant vorbei. Nach einem Drehkreuz tauchen wir bei Grillengezirpe in einen schönen Tannenwald ein. Hier ist Vorsicht geboten vor den gefährlich vorstehende Wurzeln und rutschigen Steinen! Ein langer Marsch führt uns zu einer Lichtung auf der rechten Seite und schliesslich auf den Weg, dem wir bereits beim Aufstieg gefolgt sind. Von hier aus benötigen wir noch ca. 20 Minuten bis zum Seeufer, wo sich der Morgennebel mittlerweile verzogen hat.
Werden und Vergehen im Aletsch VS Nr. 1101
Belalp — Riederalp • VS

Werden und Vergehen im Aletsch VS

Vor Zeiten lebte in einer Hütte am Aletschgletscher ein einsames Mütterchen. Es vertrieb sich die Zeit mit Spinnen und betete für die armen Seelen im Gletscher. Wenn es abends zu Bette ging, liess es die Geister jeweils in die warme Stube ein. Die ganze Nacht hindurch seufzten diese am Ofen, derweil die Alte unbekümmert schlief. Einmal in einer kalten Winternacht ging die alte Spinnerin länger als üblich ihrer Arbeit nach – und draussen drängten die armen Seelen auf Einlass. Zuletzt riss der Geduldsfaden der Alten und sie öffnete ihre Kammer, ohne zuvor den schützenden Bannspruch gemurmelt zu haben. Da wurde die Tür regelrecht aufgesprengt und ein Schwall wimmernder Gespenster quoll herein… Nach dem Weltbild der alten Walliser mussten die Seelen der Verstorbenen in den unwirtlichen Gletschereinöden ihre zu Lebzeiten begangenen Untaten sühnen. Hinter dem Hotel Belalp öffnet sich die wilde und rauhe Gebirgslandschaft über dem mächtigsten Eisriesen der Alpen. Aus gebührender Distanz ist der Anblick dieser «Eishölle» atemberaubend schön. Auf der Alp Oberaletsch findet sich eine winzige Wegkapelle. Darin ein Gemälde der alten Spinnerin. Hat sie wohl vor Menschengedenken in einer dieser wettergeschwärzten Holzhütten die büssenden Seelen gehütet? Von der spektakulären Hängebrücke schweifen die Blicke zum nahen Eispanzer. Nimmt mit dem schmelzenden Eis wohl auch die Zahl der Büsser ab? Der weichende Gletscher gibt viel neues Land frei und hat auf der anderen Seite der Schlucht den malerischen Grünsee geschaffen. Hier beginnt der geheimnisvolle Aletschwald. Allenthalben spriessen kleine Bäumchen aus dem Moderholz gefallener Baumveteranen. Ein stimmungsvolles Sinnbild für das stete Werden und Vergehen in der Natur.
Steile Aufstiege im Blütenparadies Nr. 1017
Stn. Käserstatt — Stn. Melchsee-Frutt • BE

Steile Aufstiege im Blütenparadies

Mit den bunten Klecksen in den Matten zeigt sich der Bergfrühling von seiner besten Seite und das kleine Tälchen bei der Talalp kurz nach dem Start präsentiert sich menschenleer. Am besten beginnt man die Bergwanderung früh morgens, damit man genug Zeit zum Fotografieren hat. Vor allem im Juni, bevor die Kühe auf die höher gelegenen Weiden kommen, werden Alpenblumenliebhaber ihre helle Freude haben. Beim kleinen See am Furttli blüht der Enzian so blau, als würde er es extra machen, und hier und da sieht man Alpenrosen um die Wette leuchten. Sind die schönen Blumenwiesen passiert, geht es schon wieder bergab in Richtung Talhütten und Rainhütte: ins Kuhrevier. Bald geht es richtig los: steil aufwärts führt der Bergwanderweg mitten durch die Weiden (Bitte aufpassen. Lesen Sie dazu unsere Verhaltenstipps im Umgang mit Mutterkühen). Nach einem Stück auf dem Fahrweg hat man bald die Möglichkeit, die Wanderung mit einem steilen Aufstieg in Richtung Vorder Seefeld abzukürzen. Dabei würde man aber so einige Highlights verpassen. Langsam, aber kontinuierlich führt der flachere Weg nach oben und nach der ersten grossen Kurve präsentieren sich wunderschöne Ausblicke. Beim Hof der Familie Rohrer kann man sich mit Alpkäse fürs Picknick eindecken. Der kleine herzförmige Seefeldsee gleich unterhalb des Betriebs eignet sich hervorragend für die Mittagsrast. Und diese sei allen, die von hier aus weiter aufsteigen, empfohlen. Bereits auf dem Chringen-Grätli verschlägt es den Wandernden den Atem. Dies nicht nur aus Anstrengung, sondern es tun sich ihnen Panoramen von überwältigender Schönheit auf. Nach dem Grat folgt ein steiler, anstrengender Aufstieg, wo die Hände zum Einsatz kommen. Für Hunde und Personen mit Höhenangst ist diese Wanderung nicht geeignet. Nachdem die Aussichtsfotos geknipst, und die Schutzhütte auf dem Abgschütz passiert sind, geht es wieder bergab. Der Weg führt teilweise etwas steiler, gegen Schluss zunehmend flacher, in Richtung Melchsee-Frutt, wo zuerst der Blausee, dann der Melchsee mit ihrem fast schon tropischen Blau locken.
Einsame Pässe zwischen Scuol und Vinschgau Nr. 1023
Gurlaina — S-charl • GR

Einsame Pässe zwischen Scuol und Vinschgau

Wer am Anreisetag noch einen Hüttenaufstieg unternehmen möchte, der wandert am Nachmittag von Scuol hinauf zur Chamonna Lischana. Schon von Scuol aus ist sie auf einem Felssporn zu sehen. Es ist ein erhabenes Gefühl, in diesem Adlerhorst zu übernachten und anderntags auf den Weg zur Sesvennahütte aufzubrechen. Wer die Wanderung lieber am morgen früh in Scuol beginnt, der schafft es auch in einem Tag bis zur Sesvennahütte, hat aber einen recht sportlichen Wandertag vor sich. Über den letzten Bäumen im Val Lischana empfängt eine steinige Welt die Wanderinnen und Wanderer. Nicht von ungefähr wird diese Region auch Unterengadiner Dolomiten genannt, erinnern doch die zerrissenen Berge und die weiten Schutthalden eher an die Ostalpen. Besonders eindrücklich ist die Überschreitung der Fuorcla da Rims, wenn sich auf einmal ein scheinbar unendlicher Weitblick auf Bergketten öffnet und etwas unterhalb des Passes die Seenplatte der Lais da Rims in der Sonne schimmert. An diesen Seen vorbei schlängelt sich der Bergweg hinunter, mehr und mehr auch wieder über karge Bergmatten, zum Schlinigpass und zur Sesvennahütte auf italienischem Boden. Der Weg von der Hütte zur Fuorcla Sesvenna gewinnt rasch an Höhe. Ab einer Verzweigung (P. 2529) verläuft der Weg ein Stück weit ziemlich steil und abschüssig entlang einer Rinne. Bei Schnee oder Vereisung ist hier Vorsicht geboten. Das lange, einsame Val Sesvenna bietet nochmals einige landschaftliche Höhepunkte: türkis schimmernde Bergseen, ein mächtiger Blockgletscher, mäandrierende Bäche, Bergflanken voller Latschen und immer wieder die Sicht auf zerklüftete Gipfel. In S-charl, wo das Val Sesvenna und die Wanderung enden, stehen gleich mehrere einladende Gasthäuser. Bevor das Postauto zurück nach Scuol fährt, locken die Sonnenterrassen mit Kaffee und Engadiner Nusstorte.
Die Schlucht der Tamina Nr. 1011
Bad Ragaz • SG

Die Schlucht der Tamina

Diese Wanderung ist besonders für Familien oder Gruppen, in welchen verschiedenste Geschmäcker zufriedengestellt werden sollen, geeignet: Kultur und Natur, flach und steil, sonnig und schattig, anstrengend und entspannend, Picknick und Restaurant, sowie zwei Reisen in die Vergangenheit - all dies kann man innerhalb eines Tages um die Taminaschlucht erleben. Aber erst einmal der Reihe nach. Am Dorfausgang von Bad Ragaz führt der gemütliche und breite Wanderweg durch den Wald, der Tamina entlang. Der Weg ist für Kinderwagen und Rollstuhl geeignet, und auf etwa halber Strecke trifft man auf eine Schweizer Familie-Feuerstelle - der perfekte Familienausflug. Wer nach einer Stunde zum Alten Bad Pfäfers bereits genug gewandert ist, nimmt hier das Postauto zurück (solche Gelegenheiten ergeben sich übrigens während der gesamten Wanderung immer wieder). Aber bitte erst, nachdem entweder das Badmuseum, Klostermuseum und die Kapelle im Alten Bad (freier Eintritt) oder die Taminaschlucht (5 Franken Eintritt am Automaten, Hundeverbot) besichtigt wurden. Auf dem gut ausgebauten Schluchtweg erlebt man die Kraft der wilden Tamina hautnah. Blickt man nach oben, kann man nachvollziehen, warum die damals an einem Seil heruntergelassenen Kranken Augenbinden trugen; die Schlucht ist tief und dunkel. Das 36°C warme Wasser weckt müde Wandergeister hoffentlich wieder, denn als Nächstes geht es bergauf. Nach Überqueren der Naturbrücke führt eine steile Treppe bei Ragöl aus dem Wald hinaus. So geht es über Wiesen und an Feldern entlang nach Pfäfers. Hier sollte man die Abzweigung zur Ruine Wartenstein nicht verpassen! Dort findet man nicht nur eine weitere Picknickmöglichkeit, sondern auch einen hinreissenden Ausblick übers Tal und die Ruine lässt einen in vergangenen Zeiten schwelgen. Nach einer solchen Zeitreise ist der Abstieg nach Bad Ragaz ein Klacks.
Ein Geisterschatz am Sihlseeli SZ Nr. 1102
Vorder Richisau — Studen • GL

Ein Geisterschatz am Sihlseeli SZ

Einst stieg ein junger Bursche aus dem Ybrig in einer frostigen Karfreitagsnacht zum Sihlseeli hinauf. Er hatte gehört, dass demjenigen unermessliche Schätze gebühren, der das Echo vom Lauiberg erlösen kann. Sein Rufen widerhallte von Fels und Schnee. Der See war seltsamerweise nicht gefroren. Unvermittelt löste sich eine Nebelwolke aus einer Kluft in der gegenüberliegenden Wand. Bald formte sich daraus eine feenhafte Gestalt mit einem goldumlockten Gesicht. Dem Jungen entfuhr bei diesem Anblick ein lauter Seufzer. Sogleich verwehte die Erscheinung wieder und nur eine Spur aus goldenen Fussstapfen blieb auf der Wasseroberfläche zurück … Ist Ihnen bekannt, dass weit oberhalb des gestauten Sihlsees noch ein kleines Sihlseeli verborgen liegt, das als Wiege des gleichnamigen Flusses gilt? Und wussten Sie, dass der Lauiberg wirklich ein ganz markantes Echo zurückwirft? Dreimal hallt es wieder. In gewissen Nächten angeblich sogar viermal. Den Zugang zu diesem weltfernen Ort muss man sich freilich verdienen. Der Aufstieg von der Schwelaui im Klöntal kostet viel Schweiss. Dafür locken der Genuss einer kaum berührten Bergwelt abseits ausgetretener Pfade und sagenhafte Ausblicke in die Glarner und Schwyzer Bergwelt. Die Felsen scheinen regelrecht lebendig zu sein hier oben, kein Wunder, tragen ihre Gipfel so klangvolle Namen. Ein weiterer ruppiger Aufstieg führt auf die Alp Hinterofen inmitten einer urtümlichen Karstlandschaft (Achtung: Wegmarkierungen im Auge behalten). Wer hier hirtet, muss wahrhaft per Du sein mit wundersamen Wesen. Ein abwechslungsreicher Abstieg mit Blick auf den grossen Sihlsee führt schliesslich stufenweise 800 Höhenmeter tiefer nach Studen. Wer möchte hier schon in der Karfreitagsnacht durch den tiefen Schnee stapfen?
Sagenhöhle im Naturpark Gantrisch BE Nr. 1103
Riffenmatt — Süftenen Schutzhütte • BE

Sagenhöhle im Naturpark Gantrisch BE

Einst fand ein Hirtenknabe ein Bildnis der Feenkönigin Helva. Er verspürte unendliche Sehnsucht nach ihr und machte sich auf die Suche nach ihrem verborgenen Schloss am Helisee. Nachdem er lange Zeit erfolglos durch die Wildnis gestreift war, erschien Helva dem Hirten und lud ihn in ihr Reich tief unter der Erde ein. Die Feenkönigin stellte ihrem Gast eine einzige Bedingung, und er gelobte, sich immerzu daran zu halten. Durch ein Höhlentor betraten sie Helvas Wunderwelt. Bald begann sich jedoch Neugierde im Herzen des Jünglings zu regen, und er brach sein Versprechen… Am Fuss des Horbüelpasses breitet sich eine urwüchsige Waldlandschaft aus, in der es hinter jedem Felsen und unter jeder Wurzel zwärgelet. Wer unbeirrt auf dem Weg bleibt, gelangt bald auf die Höhe des Hügelzuges, wo sich freie Sicht über die ganze Westschweiz öffnet. An der Oberen Hällstett erinnert eine Gruppe hochragender Felsen an archaische Menhire. Dem Grat entlang führt der Panoramaweg zum nahen Horbüelpass und weiter zum sagenumwobenen Cheeserenloch (Wegweiser beachten). Hier soll sich der Überlieferung zufolge ein Eingang in das Feenreich Helisee befinden. Die Höhle ist mit gebührender Vorsicht zu begehen (Kerzenlicht schätzen die Zwerge dabei ungleich mehr als grelle Taschenlampen). In der Nähe lädt ein Picknickplatz zum Verweilen ein. Auf der Pfyffe entzücken immer wieder neue Weitblicke zum Jura und zur Voralpenkette. Der letzte Wegabschnitt führt zu einer einmaligen Attraktion im Naturpark Gantrisch: Der Sturmholzsteg überspannt hier eine Windwurffläche des Lotharsturmes, wo seit 15 Jahren alleine Mutter Natur regiert und einen voralpinen Urwald heranwachsen lässt. Ob da die Feenkönigin und ihr elbisches Gefolge ihre Zauberhände im Spiel haben?
Auf den Terrassen der Bergbauern Nr. 1059
Cannobio • EU

Auf den Terrassen der Bergbauern

Die Wanderung von Cannobio auf den Monte Carza nach Carmine Superiore und wieder zurück zum Städtchen auf dem Delta des Bachs Cannobino ist auch ein Sprung zurück in die Vergangenheit. Nicht auf den ersten Blick: Denn vorerst verzaubert die Wanderung einen einfach mit herrlichen Aussichten auf den Lago Maggiore, schönen Wäldern und malerisch weit oberhalb des Sees gelegenen Dörfern. Dann aber sind die Spuren der zahlreichen Bergbauern allgegenwärtig, die früher die Hänge intensiv nutzten, in den Zwanzigerjahren aus wirtschaftlichen Gründen aber wegzuziehen begannen. Selbst wenn sie heute vielfach überwachsen sind, haben die Terrassen für die Felder und Gärten den Berg genauso geprägt wie die Pfade, die heute schöne Wanderwege sind, früher aber zu den Bauernhäusern führten und die Siedlungen miteinander verbanden. Zeugen früherer Zeit sind auch die alten Bewässerungskanäle aus Steinen. In eine andere Zeit versetzt fühlt man sich schliesslich in Carmine Superiore. Das Dorf ist nie ans Verkehrsnetz angeschlossen worden, und die Häuser wurden in den vergangenen Jahren von Nachkommen einstiger Dorfbewohner und anderen Liebhabern renoviert. Dementsprechend malerisch sind die Gässchen des Dorfs, das einst um die Hausburg einer Adelsfamilie herum entstanden ist. Mehr als nur einen flüchtigen Blick wert ist auch die Dorfkirche mit Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Die Spuren eines jüngeren Kapitels der Geschichte sind dagegen etwas schwerer auszumachen. So war der Monte Carza im Ersten Weltkrieg Teil der Verteidigungslinie, die Italien damals gegen möglicherweise über die Schweizer Pässe kommende österreichisch-deutsche Truppen errichtete. Aufmerksame Wanderer können auch heute noch Reste der Verteidigungsanlagen entdecken.
Felsentor auf einem italienischen Bergkamm Nr. 1060
Induno-Olona, Via Porro 180 — Porto Ceresio • EU

Felsentor auf einem italienischen Bergkamm

Die Wanderung ist eine Herausforderung in zweierlei Hinsicht: Der Weg ist manchmal nicht einfach zu finden; und wer nicht sehr gut trainiert ist, spürt die Wanderung garantiert am nächsten Tag in den Beinen. Denn der Aufstieg ist steil, und für zusätzlichen Ballast sorgt das Wasser im Rucksack, wovon es an warmen Tagen ausreichend braucht. Die Mühen werden aber belohnt. Verläuft doch schon der Aufstieg, der in der Nähe des für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Castello di Frascarolo beginnt, durch einen Wald mit prächtigen Kastanien, Buchen und Eichen. Atemberaubend wird es spätestens auf dem Bergkamm, wo sich immer wieder eine Aussicht auf die umliegenden Wälder, die Talschaft und den Luganersee öffnet. Und je nach Wetter reicht der Blick sogar noch weiter. Faszinierend ist aber auch die karge Vegetation vor und nach dem Monte San Bernardo und dem Monte Minisfreddo, den beiden Gipfeln auf der Route. Der Pfad schlängelt sich da auf der Wiese zwischen den Stämmen von abgestorbenen Bäumen durch, die sich auf dem kargen Kalkgrund nicht halten können. Etwas weiter auf dem Pfad sind die Wandernden auf die Stahlseile und Ketten angewiesen. Und dann steht da auf einmal der Arco di Roccia, das Felsentor. Es ist ein erhebendes Gefühl, durch das Tor hindurchzukraxeln – man glaubt, dabei die Kräfte der Tektonik und des Wetters, die den Felsen so geformt haben, spüren zu können. Am Fusse einer Felswand geht es dann abwärts. Der Weg ist leider schlecht markiert, man folgt dem Wegweiser Richtung Bisuschio und später Pogliana. Irgendwann weisen alte Wasserfassungen im Wald darauf hin, dass die Zivilisation näher rückt. Bald schon sind die Gärten des verschlafenen Dorfs Pogliana zu sehen, von wo eine kurvenreiche Strasse ins Tal führt. Im Tal gilt es, die Feldwege zum Ufer des Luganersees ausfindig zu machen.
Im Revier der Calandawölfe Nr. 1067
Haldenstein, Dorf — Tamins, Dorf • GR

Im Revier der Calandawölfe

Am Calanda, zwischen Churer Rheintal und Taminatal, lebt das erste Wolfsrudel der Schweiz. An den steilen Hängen und in den dichten, wildreichen Wäldern fühlen sich die Grossraubtiere wohl. Da die Jungtiere das Rudel nach rund einem Jahr verlassen und sich auf die Suche nach einem Geschlechtspartner begeben, leben je nach Jahreszeit zwischen sieben und zehn Wölfe am Calanda. Ihr rund 200 Quadratkilometer grosses Revier vor den Toren der Stadt Chur lässt sich auf einer Zweitageswanderung entdecken - gute Kondition vorausgesetzt. Am ersten Tag warten 1500 Höhen* meter Aufstieg zwischen Haldenstein und Calandahütte. Der Weg führt angenehm ansteigend und meist durch den Wald über Arella, Nesselboden, Funtanolja und Altsäss zur spektakulär gelegenen Hütte. Wer dem Ganzen die Krone aufsetzen will, geniesst am nächsten Morgen vor dem Frühstück den Sonnenaufgang auf der 2800 Meter hohen Haldensteiner Calanda. Frisch gestärkt geht es am zweiten Tag mit viel Aussicht über das Felsberger und Taminser Älpli: Hier gibt es zwei rutschige und leicht ausgesetzte Passagen, die bei Regen heikel zu begehen sind. Beim Kunkelspass hat die Geschichte der Calandawölfe 2011 begonnen: Ein Wolf aus dem Wallis hatte drei Schafe gerissen. Wenig später fotografierte ein Wanderer auf einer benachbarten Alp zwei Wölfe. Im nächsten Sommer erblickten sechs Wölfe das Licht der Welt. Zwei Jungtiere haben Schlagzeilen gemacht. Eines wurde gewildert, das andere ist im zürcherischen Schlieren unter den Zug geraten. So weit führt die Wanderung freilich nicht. Das Ziel heisst Tamins Dorf, erreichbar über die Strasse oder den steilen Weg durch das lauschige Foppaloch. Übrigens: Wölfen wird man unterwegs kaum begegnen, die Tiere sind ausgesprochen scheu. Und taucht trotzdem einer auf, geniesse man den Anblick. Das Tier wird in der Regel rasch das Weite suchen.
Filetstück des Alpenpässewegs Nr. 1063
Lac des Dix — Arolla, poste • VS

Filetstück des Alpenpässewegs

Auf dem Alpenpässeweg zwischen dem Val de Bagnes und dem Simplon trifft man sie oft - die Trailrunner, die mit Leichtgewichtsausrüstung und Laufschuhen an den Wanderern vorbeirennen. Wer nicht gleich eine Woche auf dem Alptrekking wandern oder gar rennen will, wählt das Filetstück. Der Weg vom Lac des Dix nach Arolla bietet viel Abwechslung: gemütlich entlang des grössten Schweizer Stausees bummeln und die Blumenpracht geniessen, dann über den neu angelegten Weg durch eine vom Gletscherrückzug geprägte Landschaft am Fusse des Mont Blanc de Cheilon ins wildromantische Val d’Arolla wandern. Dabei gibt es am Pas de Chèvres sogar ein wenig Nervenkitzel: Mit Leitern wird die Felswand bis zur Passhöhe überwunden. Man kann die abwechslungsreiche Wanderung auch als gemütliche Zweitagestour unternehmen, vom Fuss der 285 Meter hohen Staumauer Grande Dixence aus und mit Übernachtung in der Cabane de Prafleuri. In diesem Fall ist am Anreisetag genügend Zeit vorhanden, um sich mit einem grossen Kapitel der Schweizer Wasserkraft zu befassen und die vor rund 60 Jahren gebaute, weltweit grösste Gewichtsstaumauer zu bestaunen. Hinter der Pra* fleuri-Hütte sieht man deutlich, wo vor rund 60 Jahren Kies für den Bau der Staumauer abgebaut wurde. Wenn der Weg zur Hütte zu wenig ist oder man gar sportliche Ambitionen hegt, dann startet man die Tour in Fionnay im Val de Bagnes und nimmt die rund zehn Stunden über den Col de Louvie und den Col de Prafleuri unter die Schuhe. Die Gletscher- und Moränenwelt um die Rosablanche ist grandios. Für diesen Hüttenweg wäre die extraleichte Ausrüstung der Trailrunner sicher keine schlechte Wahl, sind es doch fast 1900 Höhenmeter, die bewältigt werden müssen.
Im Reich des Biosphärenreservats Nr. 1012
Krutacher — Schüpfheim • LU

Im Reich des Biosphärenreservats

Die Wanderung im Süden von Schüpfheim wartet mit lieblichen Bergwiesen auf, führt durch die Moorlandschaft eines einsamen Hochtals und schliesst auf dem Abstieg ins Tal den Kraft- und Pilgerort Heiligkreuz ein. Im Mai vor der Heuet, wenn in höheren Lagen noch letzte Schneefelder in der Sonne schimmern, ist die Tour am schönsten. Am Bahnhof Schüpfheim steigt man gleich ins Postauto Richtung Sörenberg und an der Haltestelle Krutacher aus. Hier geht es 30 Meter zurück bis zu den Wegweisern auf der gegenüberliegenden Strassenseite, die in Richtung Bargelen zeigen. Der Pfad schlängelt sich durch hohes Gras bis Steinibach, danach gewinnt man auf einem Natursträsschen an Höhe. Die Sicht reicht bald bis Sörenberg, zum Brienzer Rothorn und der markanten Schrattenfluh hinüber. Nach dem Hof Under Brand öffnet sich die Landschaft zu einem Hochtal. Es verbindet das Waldemmental, aus dem wir kommen, mit dem Tal der Grossen Entle im Nordosten. Nur kurz ist das folgende Asphaltstück, bevor es auf weicher Moorwiese weitergeht. Bald ist der nächste Hof Bargelen erreicht, wo die Wegweiser erstmals die Etappenziele Farnere und Schüpfheim als Zielorte nennen. Ein sanfter Abstieg führt nun zur Talsohle mit der Kapelle Finishütte. Der steile Gegenanstieg führt zunächst durch blühende Wiesen, später prägen Weiden, hohe Tannen und Steinmauern die Landschaft. Der Wallfahrtsort Heiligkreuz mit seiner weissen Kirche ist nicht mehr weit. Der allmähliche Abstieg von dort nach Schüpfheim verläuft auf Wiesen- und Waldwegen.
Drei Perlen im wilden Westen des Wallis Nr. 1061
Col du Gd St-Bernard, Hosp. — La Fouly • VS

Drei Perlen im wilden Westen des Wallis

Ganz im Westen des Wallis erstreckt sich das urtümliche Val Ferret von Orsières nach Süden bis zum Grossen St. Bernhard. Es ist eine wilde Gegend: Hier kämpfen Eringerkühe mit den Hörnern um ihren Platz in der Herde, hier tauchte 1995 der Wolf erstmals in der Schweiz wieder auf und sorgte als «La Bête du Val Ferret», als Bestie vom Val Ferret, für Aufregung. Lange galt der Grosse St. Bernhard als einer der gefährlichsten Alpenpässe. In der kargen, felsigen, von Wetterstürzen und Lawinen bedrohten Einöde erbaute der heilige Bernard von Aosta im 11. Jahrhundert das erste Hospiz. Für die Mönche der Kongregation bot es die nötige Abgeschiedenheit zur Meditation. Für viele Wanderer, die sich erschöpft im Nebel verirrt hatten, wurde es zur rettenden Insel, und Barry, der berühmteste Bernhardinerhund, wurde zum Helden. Diese zuweilen unbarmherzige Gegend bietet gleichzeitig einige landschaftliche Ausblicke von atemberaubender Schönheit. Die drei bezau* berndsten Perlen sind die Lacs de Fenêtre, die man am einfachsten vom Pass des Grossen St. Bernhard aus erreicht. Für Wanderer, die in La Fouly, dem touristischen Zentrum des Val Ferret, logieren, gibt es täglich eine praktische Busverbindung von La Fouly über Orsières bis auf den Pass. Der gut markierte und einfache Aufstieg ist die Arbeit vor dem Vergnügen. Dafür ist die Belohnung umso grösser. Das Fenêtre de Ferret, der höchste Punkt der Wanderung, ist wie ein Fenster zum Paradies: Eingerahmt von den Gipfeln des Mont-Blanc-Massivs liegen einem die drei kleinen Seen zu Füssen. Das Picknick am Ufer der Seen, mit fantastischer Aussicht und in einzigartiger Atmosphäre, ist definitiv das Highlight des Tages. Der Abstieg führt zur Postautostation von Ferret oder entlang der Dranse de Ferret weiter nach La Fouly.
Der Wächter im Südwallis Nr. 1062
La Douay — Champex • VS

Der Wächter im Südwallis

Er ist ein Traum von einem Berg! Als gleichschenkliges Dreieck, einer Pyramide gleich und perfekt geformt, steht er kurz vor Martigny mitten im Tal. Nicht umsonst wird der Catogne auch der Fujiyama des Wallis genannt. Auch seiner weissen Spitze wegen. Während man sich ihm nähert, sieht man sich im Geist über den gleichmässig ansteigenden Grat steigen. Bald schon steht man in dessen Mitte und gar nur den Bruchteil einer Sekunde später auf dem Gipfel. Wie herrlich muss es da oben sein! Doch die Schwerkraft zieht einen zurück in den Zugsitz, und der Catogne ist nun ein Wächter des Wallis und steht nicht nur mitten im Tal, sondern auch mitten im Weg. Wird er ihn versperren? Wird er, wie die Tempelritter, nur jenen Einlass gewähren, die sich ihm würdig erweisen, und allen anderen Hindernis sein? Und was hat es mit dieser eigenartigen Lücke, diesem Loch im Berg unter dem Gipfel, für eine Bewandtnis? Die Wanderung geht dem Catogne bei Martigny und seinem Geheimnis auf den Grund. Wie es sich für einen Wächter gehört, macht er es einem nicht einfach. Es braucht für den Aufstieg einen starken Willen und gute Kondition. Den Weg zu finden, ist aber einfach. Ab La Douay verläuft er erst im Wald, dann führt er über Wiesen steil empor bis zur prägnanten Matagna-Vrya. Viele Granitblöcke - die Moräne eines ehemaligen Gletschers - liegen in diesem fast flachen Kessel verstreut. Auf dessen Kante verläuft der Weg bis hinauf auf den Gipfel mit prächtiger Aussicht. Doch nun wartet der Abstieg: Er ist steil, fährt in die Knochen. Der Traumberg Catogne fordert; wer ihn besteigen will, dem fliesst der Schweiss. Nicht umsonst nennen ihn die Einheimischen auch la Montagne de la Soif, den Durstberg.
Kleinod der Zeitgeschichte Nr. 1064
Crêt du Midi — Vercorin • VS

Kleinod der Zeitgeschichte

Es ist eine Gratwanderung, wörtlich wie im übertragenen Sinn. Fast bilderbuchmässig zieht sich der Weg zu Beginn über die Krete, beidseitig fallen die grasbewachsenen Hänge in ebenmässigem Winkel gleich steil ab. Hinter dem Roc d’Orzival jedoch taucht der Weg linkerhand ein in die verunstaltete Landschaft des Skigebiets von Grimentz. Und anderntags, rechterhand der Krete, führt er zurück durch das Vallon de Réchy, ein wunderschön naturbelassenes Kleinod. Dass dies heute noch so ist, muss man dem Einsatz der Naturschützer verdanken. In den 1980er-Jahren gab es Pläne, auch das Vallon de Réchy für den Skitourismus zu erschliessen. Seit 1998 jedoch ist das kleine Walliser Seitental im Bundesinventar der schützenswerten Landschaften erfasst und vor Zugriffen gesichert. Wer das Tal hinabwandert, begibt sich auf eine Zeitreise. Zu entdecken ist eine Landschaft, die von den Gletschern der Eiszeit geformt wurde und stufenweise von den erosiven Kräften der Natur umgestaltet wird. Steil führt der Wanderweg von der Bergstation Crêt du Midi hoch zum Gipfel La Brinta und zum Grat. Mit Ketten gesichert und stellenweise ausgesetzt, zieht sich ein schmaler Pfad hinüber zu den bizarren Felsformationen in leuchtenden Rottönen, Ocker und Weiss beim Roc d’Orzival. Hier ist Schwindelfreiheit gefragt. Durchs Skigebiet und nach einem kurzen Gegenanstieg über Geröll erreicht man hinter dem Col des Becs de Bosson die gleichnamige Hütte. Anderntags führt der Weg durchs Vallon de Réchy bergab. Zunächst durch eine arktisch anmutende Felslandschaft durchsetzt mit Dolinen. Später durch steppenartige Graslandschaften und Moore, durch die sich kapriziöse Mäander ziehen. An Wasserspielen vorbei und an Sturzbächen, zuletzt einer Suone entlang zurück nach Vercorin durch den Wald.
Durch die wilde Twingischlucht Nr. 1065
Binn — Niederernen • VS

Durch die wilde Twingischlucht

Wer kein Walliser ist, hat wohl noch nie von den Bozen gehört. So nennt man hier eine Art Geister, die laut einem Einheimischen angeblich «hinter jedem Stein» wohnen. Eine spezielle Sorte wohnt der Legende nach im Strassentunnel, der ins Bergdorf Binn führt: die Tunnelbozen. Auf ihre Spuren begibt sich, wer durch die Twingischlucht wandert. Sie beginnt und endet an den beiden Öffnungen des Tunnels, der für den Fussverkehr gesperrt ist. Die Wanderung startet im Dorf Binn und führt vorbei an der Kirche und durch den Weiler Ze Binne zum Stausee, wo die Twingischlucht beginnt. Der Weg ist breit und angenehm zu gehen, ab und zu passiert man einen kleinen Tunnel, immer wieder hört man das Rauschen der Binna. Bevor der Tunnel gebaut wurde, war die Schlucht die einzige Verbindung der Binner zur Aussenwelt. Im Winter war das Dorf häufig unzugänglich, da die Lawinengefahr zu gross war. Viele Menschen kamen in diesen Wintern ums Leben, und so veränderte der Tunnel das Leben der Binner stark. Doch dessen Bau Anfang der 1960er-Jahre war eine schwierige Sache: Weil beim Bau gepfuscht wurde, endeten die Grabarbeiten an der Oberfläche. Quellwasser trat aus, und der Tunnel musste einige Jahre später bereits saniert werden. Aufgrund dieser Ereignisse entstand die Sage der Tunnelbozen. Am Ende der Schlucht führt der Weg längere Zeit durch den Wald. Bei der Römerbrücke überquert er abermals die Binna, bevor er den nicht mehr bewohnten Weiler Hockmatta erreicht. Über eine weitere Brücke geht es hinauf nach Wasen mit seinem Zauberwald. Knorrige Rottannen und mächtige Felsblöcke prägen diesen Abenteuerwald für Kinder. Auf dem Spielplatz und Waldthemenweg kann die Geschichte der Eichhörnchendame Brüna erlebt werden. Und wer weiss, vielleicht taucht ja da auch plötzlich ein geheimnisvoller Bozen auf.
Das Kreuz immer im Blick Nr. 1066
Laubbärgli — Restaurant Simmenfälle • BE

Das Kreuz immer im Blick

Diese Wanderung führt vom Berghaus Laubbärgli unter das Seewlehore und auf den Tierberg hinauf. Gegen Norden erkennt man von hier die Gipfel der Voralpen, etwa die Vanils und die Gastlosen im Greyerz oder die Stockhornkette ob Thun. Im Osten liegt Adelboden und im Süden, gross und gewaltig, der Gebirgskranz, der die Lenk umfasst, mit Wildstrubel und Pointe de la Plaine Morte links, dem Wildhorn in der Mitte und den Diablerets ganz rechts. Davor und bei der Lenk liegen der Betelberg und der Flösch. Doch was ist dieses grüne Kreuz in der Wiese am Gegenhang? Von blossem Auge sieht man es in der steilen Wildheuplangge leuchten. Das Magazin WANDERN.CH hat den Mann im Sommer 2014 getroffen, der das Kreuz Jahr für Jahr in den grüene Blätz mäht, seit 20 Jahren schon. Bruno Schletti, 34 Jahre alt, Spengler von Beruf und Allrounder heute. Mit 13 Jahren mähte er das Kreuz zum ersten Mal in den Hang. Erst klein, dann grösser. Erst allein, später half ihm der Vater dabei und heute sein Kollege Simon Schletti, auch er ein Lenker und ausserdem Zimmermann. Wenn in Lenk das Jazzfestival beginnt und die Stimmung steigt, dann gehen Bruno und Simon unter die Felsen am Flösch, um dem Dorf Lenk eine weitere touristische Attraktion zu verleihen. Eine «Morerei» sei es, sagen sie entschuldigend, als sie den Motor der Fadenmäher anwerfen. Nach nur einer Stunde ist sie erledigt und das Kreuz leuchtet wieder, frisch gemäht. Besonders schön ist das Kreuz am 1. August. Dann steckt Bruno mit Freunden zusammen das Kreuz mit 34 Fackeln aus und zündet diese abends, wenn es dunkel ist, an. Das Kreuz ist am Anfang der Wanderung lange Zeit sichtbar. Über den abschüssigen Laveygrat erreicht man bald den Hahnenmoospass, über den Bummerepass geht es weiter bis zu den Simmefäll. Dort fährt der Bus nach Lenk.
Smaragdeidechsen im Kastanienwald Nr. 1014
Intragna — Tegna • TI

Smaragdeidechsen im Kastanienwald

In Intragna, wo Mauereidechsen den Hauswänden entlang flitzen und Pflanzenkübel mit Oleander vor den Häusern stehen, verbreitet die starke Maisonne eine fast mediterrane Stimmung. Über dem Dorf thront der von weitem sichtbare Kirchturm. Mit seinen 70 Metern ist er der höchste im Tessin. Nach wenigen Minuten wandert man auf einem kleinen mit Platten ausgelegten Pfad den bewaldeten Hang hinauf. Eindrückliche Farnwedel säumen den Weg. Unter anderem wächst hier der seltene Königsfarn, der fast zwei Meter hoch wird. Fast bei jedem Schritt hört man Mauereidechsen im Laub rascheln. Gelegentlich wird das Geraschel deutlich lauter, wenn sich die etwas grösseren und schwereren Smaragdeidechsen zurückziehen. Mehrmals bekommt man die Chance, eine dieser wunderschönen blaugrün gefärbten Eidechsen auf einem Stein beobachten zu können. Bei der Lichtung Ronconaia hat man Aussicht auf die Bergketten des grünen und faltenreichen Centovalli. Dieses hat nicht nur 100, wie der Name vermuten lässt, sondern sogar 178 Seitentäler. In früheren Zeiten mussten viele Bewohner aus dieser kargen und wilden Region auswandern und arbeiteten als Hafenarbeiter in Livorno, als Kaminfeger oder Messerschmiede in anderen italienischen Städten. Auch heute suchen viele auswärts Arbeit. Auf dem nun flacheren nächsten Wegabschnitt bilden mächtige Kastanienbäume an heissen Tagen ein wohltuendes Schattendach. Wer bei Cavigliano gerne noch etwas weiter wandert, folgt der gurgelnden Melezza bis zu ihrem Zusammenfluss mit der Maggia. Das scheinbar überdimensionierte Flussbett Richtung See lässt erahnen, dass hier nach starken Regenfällen riesige Wassermassen fliessen.
Im Zeichen des Wassers Nr. 1069
Restaurant Simmenfälle • BE

Im Zeichen des Wassers

Es gibt Leute, die sind vom Flueseeli derart fasziniert, dass sie einen Verein gegründet haben, vor Ort eine Hütte unterhalten und mehrmals im Jahr den anstrengenden Weg dorthin unter die Füsse nehmen. Dieser steht im Zeichen des Wassers, er führt bereits am Anfang dem Wasserlauf unterhalb der Simmefäll entlang. Der Weg, der über Felsrücken, durch den Wald und über Treppenstufen führt, ist teilweise nass von der Gischt, und man muss vorsichtig aufsteigen. Oberhalb der tosenden Wassermassen, kurz vor der Alp Rezlibergli, wird das Terrain etwas flacher, und die letzten Schritte zur Alp können so richtig genossen werden. Auch hier führt der Weg entlang eines kleinen Bächleins. Ein grosser Höhepunkt sind die Wasserfälle «Bi de Sibe Brünne». Wenige Schritte vom Rezlibergli entfernt fliesst das Wasser in feinen Kaskaden aus der Felswand. Hier lohnt es sich, eine Pause einzulegen und dieses Naturschauspiel eingehend zu geniessen. Der Aufstieg zum Flueseeli durch die Felswände des Flueschafbergs bringt einen dann nochmals so richtig ins Schwitzen. Doch die knorrigen alten Lärchen am Wegrand und die mit Blumen geschmückten Felsbänder, die hier passiert werden, entschädigen für die anstrengenden Höhenmeter. Auch hier gilt es immer wieder, kleine Bäche und Lawinengräben zu passieren, bis man endlich oben auf der Terrasse des Flueseelis ankommt. Der Ausblick auf das Simmental ist überwältigend. Auch die Felsen hinter dem Seeli und das markante Ammertehore sind beeindruckend. Etwas weiter oben auf dem Flueseehöri bietet sich eine bessere Sicht auf das türkisblaue Flueseeli und die markanten Felswände. Die Faszination der Flueseeli-Fans wird nun leicht verständlich. Wer jetzt noch Energie hat, kann die Wanderung fortsetzen bis ganz hoch zum Rezligletscherseeli, bevor er auf demselben Weg wieder zurückkehrt.
Pioniere in der Grimsel Nr. 1070
Räterichsboden • BE

Pioniere in der Grimsel

Flechten sind klein und unscheinbar, beeindrucken aber, sobald man sich mit ihnen beschäftigt, wie auf der Familienwanderung zur Bächlitalhütte im Grimselgebiet. Diese beginnt auf dem Staudamm im Räterichsboden. Zwischen der orangefarbenen Zierlichen Gelbflechte (Xanthoria elegans) zeigt dort die gelbgrünliche Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum) eindrücklich, wie langsam Flechten wachsen: In den circa 70 Jahren, seit es die Mauer gibt, breitete sich jede einzelne Flechte nur wenige Millimeter aus. Der Blick rundherum lässt einen dann den Atem anhalten: Riesige, glatt geschliffene Felsen leuchten grün - sie sind mit der Landkartenflechte bedeckt. Kaum vorstellbar, wie alt diese Flechten sind - und nicht nur den Kindern kommt das Alter des eigenen, 70-jährigen Grossvaters plötzlich unbedeutend vor. Auf dem Weg zur Hütte zeigen neun einfache Posten (A-I) des Flechtenpfads die Faszination der Flechten auf - ohne dazugehörigen Flyer und das Büchlein mit einer Fotosammlung von Flechten bleiben die Geheimnisse allerdings verborgen. Der erste Teil der Wanderung führt meist über Felsentreppen bergauf. Auf circa 2100 Metern über Meer angelangt, durchwandert man eine kleine Schwemmebene. An deren Ende führt der markierte Bergwanderweg direkt nach Westen. Ein zweiter, unmarkierter Weg führt über Steinplatten weiter zum Bächlisee, wo sich die grosse Schwemmebene, der Bächlisboden, öffnet. Zum Bächlisboden führt auch der markierte Weg, allerdings nicht an den See. Die Ebene kann frei und gefahrlos traversiert werden - sie lädt auch ein zum Rasten, Baden und Bächestauen. Ein steiler Anstieg bleibt noch bis zur Hütte. Wer dabei nach rechts abbiegt, trifft auf ein idyllisches Seelein inmitten flechtenbewachsener Felsbrocken. Von der Hütte weiter ins Tal hinein führt ein Weg bis fast zur Zunge des Bächligletschers.
Auf mystischem Boden Nr. 1072
Saxeten, Schulhaus — Sulwald • BE

Auf mystischem Boden

Lässt der Wind in der Nacht die Türen knallen oder drückt das schlechte Wetter vom Kamm der Lobhörner herab, sagen die Leute, das sei der Alte Sulser, der von den Lobhörnern herabsteige. Und wenn das Licht günstig auf die markant in den Himmel ragenden Felsfinger fällt, meint man tatsächlich, im Grossen Lobhorn ein böse verkniffenes Gesicht zu erkennen. Dem alten Sulser, der früher auf der Alp Suls gelebt haben soll, passte der Bursche nicht, in den sich seine Tochter verliebt hatte. Und weil er sich der Liebe der beiden widersetzte, wurde er versteinert, zusammen mit seinem Hund, den man in dem flachen Felszacken rechterhand des Grossen Lobhorns erkennen mag. Doch auch für Leute, die nicht an die alten Sagen glauben, ist die Alp Suls hoch über dem Lauterbrunnental ein ergreifender Ort. Von Saxeten aus gelangt man zur Alp, indem man zunächst das Saxettal aufwärts zur Alp Nessleren geht. Bei Unterberg führt der Weg wieder talauswärts steil hinauf zur Bällenalp. Hinter der 2009 errichteten neuen Alphütte gilt es, den von den vielen Kühen zerstampften Boden zum Grat hin zu überwinden. Dort angelangt entdeckt man mit dem Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau aus nächster Nähe ein prächtiges Panorama. Ein Abstecher von 40 Minuten Wanderzeit zum Aussichtspunkt Bällenhöchst und zurück belohnt zudem mit atemberaubenden Tiefblicken auf den Brienzersee. Die nachfolgende Geröllhalde im Tschingel sollte wegen Steinschlaggefahr schnell gequert werden. Auf der Graskuppe angelangt, kann man schon bald die Lobhornhütte und die Lobhörner sehen. Die Landschaft rund um das Sulsseewli ist mystisch und lädt zum Verweilen ein. Ebenso der mit Moos und Farnen durchsetzte Märchenwald beim Abstieg nach Sulwald.
Sieben Köpfe in den Waadtländer Alpen Nr. 1074
Les Plans-sur-Bex — Derborence • VD

Sieben Köpfe in den Waadtländer Alpen

Die meisten Berge erhielten ihre Namen vor etwas mehr als 150 Jahren, als man sie erforschte und später bestieg. Doch bei Bex, da tragen Berge vermutlich schon lange Namen - und dazu noch äusserst kuriose. So zum Beispiel die Tête à Pierre Grept. Sie ist eine von sieben Têtes, die auf einer sieben Kilometer langen Gebirgskette liegen, die sich von Derborence bis zum Grand Muveran erstreckt. Den Ursprung ihres Namens scheint niemand in ganz Bex zu kennen. Ein Gämsjäger soll er gewesen sein, der Pierre Grept, vernimmt man schliesslich. Eine andere historische Quelle lenkt die Vermutung auf einen Mann, der 1749 seinen Gegner derart übel zugerichtet hatte, dass er vom Gericht zum Tod verurteilt wurde. Obwohl der Fall im Detail überliefert ist, bleiben Zweifel an dieser Version, die wiederum freien Lauf für eigene Vermutungen lassen. Diese Wanderung führt von Bex an der Tête à Pierre Grept vorbei nach Derborence. Von Les Plans-sur-Bex geht es der Avançon de Nant entlang nach Pont de Nant. Hier über die Alpstrasse weiter geradeaus, hinauf bis nach Le Richard. Etwas später zweigt der Wanderweg nach links zur Alp La Vare ab. Wer will, gönnt sich den Aufstieg zur Cabane de Plan Névé unterhalb der Tête à Pierre Grept, wer sehr bergtüchtig ist, wagt gar die weiss-blau-weisse Überquerung des Col des Chamois Nord. Dieser Vorschlag führt aber über La Vare sanft und stetig ansteigend zum Col des Essets und ebenso sanft wieder hinab zur Alp Anzeinde. Nun nach Osten über die Alpweide Le Plat zwischen den zerklüfteten Felsen des Diablerets-Massivs und den Hügeln von Les Crots. Dahinter spannt sich die Kette der sieben Têtes mit der Tête à Pierre Grept. Vom Pas de Cheville schliesslich führt der Weg steil hinunter zum Lac de Derborence.